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Marcelinhos Tor-Tanz

Bei Herthas Sieg in Bremen macht er den Unterschied

Bremen (dpa). Marcelinho machte den Unterschied. Eine Woche nach seinem spektakulären 48-Meter-Treffer sorgte der kapriziöse Discoliebhaber von Hertha BSC erneut für Aufsehen und entschied das Spitzenspiel der Fußball-Bundesliga bei Werder Bremen im Alleingang.
Der brasilianische Bewegungskünstler tanzte Frank Fahrenhorst in der spielentscheidenden Szene nach einer halben Stunde aus, ließ ihn stehen und erzielte den einzigen Treffer zum 1:0-Sieg der Berliner. Anschließend verkündete der gerne aus der Reihe tanzende Samba-Fußballer schelmisch weitere Discobesuche: »Aber erst am Sonntag, denn am Montag ist trainingsfrei.«
Nach dem strammen Linksschuss zum 50. Bundesliga-Tor strahlte Marcelinho und sagte: »Ich habe meinen inneren Frieden gefunden. Was ich in meiner Freizeit unternehme, steht dem auf dem Platz nicht entgegen.« Dennoch will der »extravagante Typ«, wie ihn Trainer Falko Götz bezeichnete, zukünftig nicht nur auf dem Platz und dem Parkett mit Tanzeinlagen glänzen, sondern sich auch finanziell an einer Musikkneipe beteiligen.
Während Marcelinho in der heißen Bundesliga-Schlussphase weiter seinen Spaß hat, ärgerten sich die Bremer über die verpasste Chance beim Kampf um einen Platz in der Champions League. »Das Tor entstand, wo keines entstehen durfte«, klagte Werder-Manager Klaus Allofs, ohne einen Namen zu nennen - aber jeder wusste, wer gemeint war.
»Das ist meine Niederlage, das geht allein auf meine Kappe«, gab der zerknirschte Fahrenhorst unumwunden zu. Für den düpierten Nationalspieler und die Werder-Fans war es eine Albtraum-Szene. »Ich war mir relativ sicher, dass ich den Ball klären kann«, schilderte Fahrenhorst später: »Dann schiebt sich Marcelinho plötzlich da rein, und ich komme nicht an den Ball.« Besonders ärgerlich war der Verteidiger jedoch, als er kurz danach von den Niederlagen der Konkurrenz aus Stuttgart und Schalke erfuhr: »Wir hatten die Möglichkeit, oben ran zu kommen. Das haben wir leider nicht genutzt.« Nur auf Grund des besseren Torverhältnisses bleibt Werder Vierter vor Hertha. Morgen hat der Double-Gewinner des letzten Jahres in Schalke die Chance, mit dem Erreichen des Pokalfinales die Saison noch zu retten.
Die Berliner, die kommenden Sonntag in der Liga ebenfalls gegen Schalke spielen, sehen der nahen Zukunft optimistischer entgegen. »Das ist eine Herausforderung, auf die wir uns freuen«, sagte Manager Dieter Hoeneß. »Auch kleinere Ausrutscher bringen die Mannschaft nicht aus der Ruhe«, sagte er in Anspielung auf Marcelinhos Auseinandersetzung mit Kapitän Arne Friedrich vor zwei Wochen in Dortmund und war sichtlich bemüht, das gesamte Team und nicht nur den Matchwinner zu loben: »Wir mussten nach keinem der 29 Spiele sagen, dass die andere Mannschaft besser war als unsere.«

Artikel vom 18.04.2005