16.04.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Der Einfluss deutscher Kardinäle

Bei der letzten Papstwahl waren die »Strippenzieher« erfolgreich

Joseph Kardinal Ratzinger: glänzender Theologe und Kenner der Kurie.

Von Matthias Hoenig
Hamburg/Rom (dpa). Bei der Papstwahl von Johannes Paul II. 1978 sollen der damalige Wiener Erzbischof Franz König und deutsche Kardinäle entscheidend die Strippen für den Mann aus Polen gezogen haben. Wenn am Montag das Konklave zusammenkommt, könnte den Deutschen wieder eine zentrale Rolle zufallen - allerdings auf rivalisierenden Positionen.
Zwei Gravitationszentren zeichnen sich ab: Um Kardinal Joseph Ratzinger als herausragende Persönlichkeit des bisherigen Kurses und um behutsame Erneuerer, zu denen die beiden deutschen Kardinäle Karl Lehmann und Walter Kasper, aber auch Carlo Maria Martini (Mailand) und der Belgier Godfried Danneels gehören. Gerade Lehmann, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, und der vatikanische Kurienkardinal Kasper dürften insbesondere bei Kardinälen aus Ländern der Dritten Welt Gehör für ihre Argumente finden, auch wenn sie selber als Kandidaten eher nicht in Frage kämen, analysiert in Rom der deutsche Prälat Max-Eugen Kemper, ein intimer Kenner.
»Es dürfte den 117 wahlberechtigten Kardinälen aus aller Welt weniger um die oft in der Presse benutzte Alternative Ýkonservativ oder progressivÜ gehen«, betont Kemper. Fast alle Kardinäle seien von Johannes Paul II. ernannt worden, »und die werden nicht das Gegenteil von dem tun, wofür dieser stand. Vielmehr geht es um die Weichenstellung, ob die Weltkirche künftig dezentraler geleitet wird mit größerer Einbindung der lokalen Kirchen oder einem möglicherweise noch zentralistischeren Vatikankurs als bisher.« Eine dezentral geführte Weltkirche müsse nicht unbedingt zu einer Schwächung des Papsttums führen.

Artikel vom 16.04.2005