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Das Ausland
forscht in OWL

Ansturm auf Graduate Schools

Von Dietmar Kemper
Bielefeld/Paderborn (WB). Die Graduate Schools in Bielefeld und Paderborn ziehen erfolgreich ausländische Wissenschaftler an und verhelfen den Firmen in der Region zu Mitarbeitern und Kontakten. Trotzdem ist die Finanzierung durch das Land Nordrhein-Westfalen nur noch für das laufende Jahr gesichert.

»Die Resonanz ist riesig, in den letzten drei Jahren haben sich bei uns 600 Männer und Frauen beworben«, sagte der Geschäftsführer der Graduate School an der Universität Paderborn, Eckhard Steffen, gestern dieser Zeitung. Zehn Bewerber kommen in der Domstadt auf eine freie Stelle, dort forschen 47 Diplomanden aus 14 Ländern. Als das Pendant in Bielefeld zuletzt sechs Plätze vergab, lagen dafür mehr als 100 Bewerbungen vor. Den Promotionsstudiengang Bioinformatik und Genomforschung absolvieren 48 Doktoranden, von denen 32 über die Graduate School gefördert werden. Deren Geschäftsführer Dirk Evers (38) sprach gestern gegenüber dieser Zeitung von einem »Erfolgsmodell« für Wissenschaft und Wirtschaft. 40 Prozent der Forscher kämen aus dem Ausland, und deren Heimat liege in Argentinien genauso wie in Japan, Pakistan oder Taiwan.
Die internationale Biotechnologie-Industrie habe großen Bedarf an Personal, wie es in Bielefeld mit der fächerübergreifenden Ausrichtung ausgebildet werde, sagte Evers. Während die Forscher in Bielefeld jeden Monat knapp 1534 Euro erhalten, bekommen sie in Paderborn ein Stipendium in Höhe von 1600 Euro.
In Nordrhein-Westfalen gibt es weitere Graduate Schools in Münster, Bochum, Dortmund, Köln und Essen. Um die 93 freien Studienplätze bewarben sich im letzten Jahr 1400 Wissenschaftler. Die Eliteförderung dient Hochschulen und Wirtschaft. Deshalb decken die Promotions-Schwerpunkte der Schulen die Schlüsseltechnologien der Zukunft ab. Während Bielefeld die Bioinformatik vertritt und Paderborn das Potenzial der Ingenieurwissenschaften abdeckt, dominieren in Köln die Genetik und in Dortmund die Produktionslogistik. »Bei der Zusammenarbeit mit Unternehmen sind wir sehr erfolgreich«, betont Eckhard Steffen. Firmen wie Hella, Siemens oder Daimler Chrysler nutzten die Chance, in der dreijährigen Promotionszeit Forscher aus Asien und Osteuropa für sich zu gewinnen. Neben den fachbezogenen Vorlesungen und Seminaren werden ihnen Sprachkurse und Firmenbesuche angeboten sowie »soft skills« vermittelt, wie gekonntes Präsentieren, Moderieren und Kommunizieren. Aus der Landeskasse bekommt jede Graduate School eine Million Euro im Jahr, für 2006 ist die Situation offen. Steffen (43): »Das Land hat nur eine Finanzierungszusage für drei Jahre gegeben.« Heute treffen sich die Vertreter der Graduate Schools mit Wissenschaftsministerin Hannelore Kraft in Düsseldorf, um Bilanz zu ziehen. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 14.04.2005