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Lynchjustiz: Kinder
mit Bambus verprügelt

Verfahren wegen Körperverletzung eingestellt

Schildesche (uko). Kinderstreiche gehen manchen Erwachsenen zumindest auf die Nerven. Nur selten werden Kinder allerdings auch von einem bösen Nachbarn regelrecht verprügelt. Ein städtischer Angestellter ließ sich nun zu der Züchtigung hinreißen. Glück für den Mann: Das Verfahren wurde gegen Zahlung von 1 500 Euro Geldbuße eingestellt.

Ort der der ungewöhnlichen Erziehungsmaßnahme war ein Mehrfamilienhaus an der Straße Hohes Feld in Sudbrack. Mieter dürfen dort mit Genehmigung der Baugesellschaft Sudbrack auf öffentlichen Grund ihre Pflanzen pflegen.
Weil Nachbarskinder mit dem Grün stets sehr rustikal umgingen, oft gar Sträucher oder Blumen malträtierten, riss dem städtischen Angestellten Achim B. (Name geändert) am 22. August 2004 der Geduldsfaden. Der 49-Jährige schnappte sich einen zehnjährigen Knaben und wandt ihm einen Bambusstock aus der Hand, den der Junge kurz zuvor von einem Strauch abgebrochen hatte.
Damit nicht genug: Mit der Rute schlug er dem Schüler so beherzt auf das Handgelenk, dass der Bambus in zwei Teile zerbrach. Außerdem prügelte er mit dem Bambus-Torso einem zweiten Jungen gegen Schulter und Schienbein. Letztlich packte Achim B. eines seiner Opfer und zerrte es am Handgelenk in seine Wohnung.
»Ich wollte den Bengel doch nur erschrecken«, erklärte der Angestellte jetzt vor dem Amtsgericht seine private Lynchjustiz. Er habe »seit Jahren Ärger mit Kindern«, sie hätten schon sehr oft Pflanzen zerstört. Und überhaupt sei bei ihm »wohl die Laterne durchgebrannt«.
Amtsrichter Wolfgang Heimann und Amtsanwalt Markus Ehresmann zeigten dem Mann, der sich wegen Körperverletzung und Nötigung zu verantworten hatte, drastisch die Grenzen handfester Erziehung auf. »Waren Sie in ihrer Kindheit immer ein Musterknabe?« fragte Heimann und setzte hinzu: »Sie haben auch zwei Kinder. Wollen Sie die so behandelt sehen?« - Ehresmann reagierte sichtlich gereizt auf die Prügelorgie: »Wenn ich mir vorstelle, dass meine Kinder verprügelt würden, das würde ich nicht zulassen . . .«
Die Eltern der gezüchtigten Jungen indes hatten sich bereits mit einem Schmerzensgeld von jeweils 250 Euro einverstanden, erklärte Verteidiger Tim Gruner. Unter größten Bedenken stimmten Richter und Amtsanwalt einer Einstellung des Verfahrens zu. Achim B. wird dafür jedoch 1 500 Euro Geldbuße an die Mamreschule in Bethel zahlen.

Artikel vom 14.04.2005