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Nur eine Impfung schützt vor
Masern und tödlichen Folgen

Ärzte raten: Wer als Kind nicht geimpft wurde, sollte dies nachholen

Von Ernst-Wilhelm Pape
Bielefeld (WB). Nur eine Impfung bietet sicheren Schutz vor Masern und deren Spätfolgen. Darauf hat gestern das NRW-Landesinstitut für den öffentlichen Gesundheitsdienst in Bielefeld hingewiesen.

Erwachsene, die als Kinder nicht zwei Mal gegen Masern geimpft worden seien, sollten dies unbedingt nachholen, sagte der Leiter der Abteilung Hygiene und Infektiologie, Dr. Horst-Gerd Baumeister, dieser Zeitung. Die Impfquote in ganz Nordrhein-Westfalen sei im Vergleich zu den anderen Bundesländern gering. NRW nehme hier einen unrühmlichen Spitzenplatz ein.
Von einer Eliminierung der Masern sei Deutschland noch weit entfernt. Deutschland hätte bereits 2007 masernfrei sein sollen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) habe dieses Ziel jetzt für 2010 ausgegeben. Wenn nicht unverzüglich gewaltige Anstrengungen unternommen würden, werde auch dieses Ziel nicht erreicht. Die Hauptursache für die schlechte Impfquote seien nicht die hartnäckigen Verweigerer. Die Masse der Eltern sei beim Thema Impfungen vergesslich oder desinteressiert.
Nach Angaben des Landesinstituts gibt es in Deutschland derzeit 236 gemeldete Masernfälle, allein in Hessen 174. Hier sei es zu einem Ausbruch der Krankheit gekommen. Die meisten Fälle in Hessen (87) gebe es im Wetteraukreis, teilte das zuständige Gesundheitsamt mit. Ein 14-jähriges Mädchen sei an den Folgen bereits gestorben. In Bayern gibt es 23 und in NRW 13 Masernfälle. Im Jahre 2002 hatte es in Deutschland noch 4657 gemeldete Masernerkrankungen gegeben. 2003 waren es 777 und im vergangenen Jahr 122. Die Dunkelziffer sei aber sehr hoch, teilte das Landesinstitut mit. Die Zahl liege wahrscheinlich zehn Mal so hoch.
Die Ständige Impfkommission (Stiko) am Robert-Koch-Institut (RKI) empfiehlt zwei Impfungen gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR) in einem Alter zwischen elf und 24 Monaten. »Vielen Eltern, aber auch vielen Ärzten ist nicht bewusst, wie gefährlich Masern sein können«, sagte Dr. Wolfram Hartmann, Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte Deutschlands (BVKJ) . Die Zahl der Kinder, die hierzulande an den Masern-Folgen SSPE sterben, sei erschreckend hoch. Schicksale wie die des kleinen Micha aus dem Kreis Lippe seien furchtbar. Leider gebe es noch immer Masernausbrüche in Deutschland. Es sei Aufgabe der Ärzte, diejenigen vor einer Ansteckung zu bewahren, die noch keinen eigenen Schutz hätten oder mit einem geschwächten Immunsystem leben müssten.
Impfgegnern, die wissenschaftlich unhaltbare Behauptungen verbreiteten und Eltern verunsicherten, müsse mit Entschiedenheit begegnet werden. »Meinungsfreiheit hat dort ihre Grenzen, wo durch falsche Behauptungen Kinder schwer an vermeidbaren Krankheiten erkranken, Dauerschäden davontragen oder sterben«, sagte Hartmann. Eltern sollten Kinder- und Jugendärzte zum Thema Impfungen ansprechen, um sich Hilfe zu holen.
Nach Angaben des BVKJ gibt es bei der ersten MMR-Impfung eine Quote von 85 Prozent. Bei der zweiten Impfung liege die Quote in den neuen Bundesländern bei 60 Prozent und in den alten Ländern bei 50 Prozent. Damit Deutschland masernfrei werde, sei bei beiden Impfungen Quoten von mehr als 90 Prozent erforderlich.
www.loegd.de
www.rki.de
www.kinderaerzte-im-netz.de

Artikel vom 12.04.2005