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Martin Steppeler von der Bielefelder Kripo mit dem sichergestellten Halfter, das der geständige Tierschänder in Ummeln »mitgehen« ließ.

Aus der Haft
zum Tierquäler

47-Jähriger gesteht zwölf Taten

Von Gerhard Hülsegge
(Text und Foto)
Bielefeld (WB). Die Serie der Tierquälereien im Raum Bielefeld, dem Kreis Gütersloh und Lippstadt ist teilweise aufgeklärt. Ein 47-jähriger Gefangener der Justizvollzugsanstalt Brackwede II (offener Vollzug) hat jetzt gestanden, sich in zwölf Fällen aus sexuellen Motiven an trächtigen Eseln, Schafen und Pferden vergangenen zu haben. Zehn weitere Taten werden ihm zur Last gelegt.

»Wir sind froh, dass wir den Täter jetzt ausfindig machen konnten«, erklärte Michael Waldhecker gestern im Rahmen einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz im Bielefelder Polizeipräsidium. Zumal der entscheidende Hinweis von Bediensteten der JVA gekommen sei. Dort sitzt S. seit Mai 2002 ein und verbüßt drei Gesamtfreiheitsstrafen von insgesamt vier Jahren und zehn Monaten. Allerdings nicht wegen einschlägiger Vergehen, sondern wegen Einbruchdiebstählen in Kioske und Vereinsheime, Brandstiftung (Anzünden von Strohballen), Computerbetrügereien und des Fahrens ohne Führerschein.
Tierquälereien hat der Beschuldigte 1985 und 1996 in Schweden begangen, aufgrund derer er zwar nicht strafrechtlich belangt, aber in eine psychiatrische Einrichtung eingewiesen wurde. Der gelernte Schweißer war 1981 ins Heimatland seiner damaligen Lebensgefährtin gezogen. 1997 kehrte der inzwischen wieder allein lebende Vater von drei Kindern nach Deutschland zurück, fiel hier auch zunächst nicht weiter auf.
Bis zu dem Zeitpunkt, als sich die Tiermissbräuche am Teutoburger Wald häuften. Berichte auch im WESTFALEN-BLATT unter anderem über das vergewaltigte Schaf »Emma« aus Ummeln veranlassten den Leiter der JVA in Brackwede, Uwe Nelle-Cornelsen, sich die strafrechtlichen Vorgeschichten ihrer Insassen genauer anzusehen. Und er wurde fündig.
In den Verhören durch die Polizei gestand S., die zwölf Stunden Ausgang pro Woche derart genutzt zu haben, um sich eine »Übergangsadresse« zuzulegen. Von der angemieteten Waldhütte aus (ohne Wasseranschluss und anderen Komfort) in Bielefeld auf der Grenze zu Gütersloh bestieg der zuletzt in Lippstadt in einem Männerwohnheim beheimatete gelernte Schweißer nachts sein Fahrrad mit Anhänger und suchte seine Opfer. Die Stahlkonstruktion mit Plastikwanne, in der er die Schafe von der Weide ab- und auch wieder zurücktransportierte, hatte er selbst angefertigt.
Dann ging er zur eigenen Befriedigung mit Shampoo und Unterarm zu Werke. »Die Schnittverletzungen sind vermutlich durch seine langen Fingernägel entstanden«, erklärte Martin Steppeler von der Bielefelder Kripo. »Auch hat er sich stets einen Führstrick besorgt«, ergänzt Kriminalkommissar Klaus Rieger. Das Halfter vom Tatort in Ummeln, wo sich S. im Herbst 2004 an einem Pferd verging, wurde sichergestellt. Stallreste an den Jacken sowie Fell-Kleinstpartikel sollen den Täter vollends überführen. Auch hat er freiwillig eine Speichelprobe zur DNA-Analyse abgegeben. Warum man nicht eher auf den Einzelgänger aufmerksam wurde, begründet JVA-Leiter Uwe Nelle-Cornelsen: »Er ist bei uns völlig unauffällig gewesen«. Er habe am sozialen Training teilgenommen und seine Schulden reguliert.
Die Motive für die Tat könnten in der Kindheit des Tierschänders liegen. Es gibt Hinweise auf sexuellen Missbrauch. Für seine Taten muss der JVA-Insasse nun mit zwei weiteren Jahren Haft wegen Tierquälerei rechnen.

Artikel vom 12.04.2005