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Rom vor der Papstwahl

Immer häufiger fällt der Name Ratzinger


Rom (dpa). Rom kehrt zur Normalität zurück: Nach dem größten Papst-Begrägbnis der Geschichte haben die meisten der drei Millionen Pilger am Wochenende die italienische Hauptstadt wieder verlassen.
Und noch bevor das Konklave zur Papstwahl überhaupt beginnt, hat Kardinal Joseph Ratzinger mit dem »Maulkorberlass« seinen Willen durchgesetzt. Ob sich seine Chancen, Papst zu werden, dadurch erhöhen? Jedenfalls waren nicht alle Purpur-Kollegen vom Verbot, sich öffentlich zur »K-Frage« zu äußern, sonderlich begeistert. Der »strenge Deutsche« hat (wieder mal) zugeschlagen, heißt es in Rom. Nicht ohne süffisantes Lächeln wird ganz nebenbei vermerkt, wer da noch zuletzt ganz ungezwungen mit den Medien plauderte: Ratzingers Landsmann Kardinal Karl Lehmann.
Lehmann, ein behaglicher und liberaler Mann und in vielem geradezu ein Gegenpol zum herben und trockenen Ratzinger, macht aus seinem Herzen keine Mördergrube. Es gebe keinen Favoriten für die Wahl, auch »keine fest gefügten Allianzen«, sagte Lehmann. Bis zum 18. April, bis die 116 Männer in Purpur feierlich zur Abstimmung in die Sixtinische Kapelle einziehen, müssten sich die in Rom versammelten Kardinäle jetzt erst einmal »besser kennen lernen«.
»Kennenlernen«, gutes Stichwort. Viele Kirchenleute, in Deutschland und anderswo, stellen derzeit Kriterien-Kataloge auf für die Wahl eines Nachfolgers für Johannes Paul II. Irgendwie will man die kniffelige Frage schließlich in den Griff bekommen.
Insider meinen dagegen rückblickend auf die Wahl des Polen 1978: Ganz entscheidend sei gewesen, dass viele Kardinalskollegen Karol Wojtyla damals persönlich kannten. Ein Viel-Reisender sei er schließlich immer schon gewesen.
»Heiliger Geist und Allianzen«, umschreibt eine italienische Zeitung das »Mysterium Papstwahl«. Beide sind schwierig einzuschätzen und vorauszusagen: Der Heilige Geist, der nach kirchlicher Überlieferung bei dem Konklave walten soll, weht bekanntlich, wie er will. Und die »Allianzen« sind ungewiss: Tun sich tatsächlich die Kardinäle aus Lateinamerika mit denen aus Afrika und Asien zusammen, um den »Papst aus dem Süden« zu küren? Manche meinen, die Zeit dafür sei reif. Aber auch der Name Ratzinger fällt in Rom immer häufiger.

Artikel vom 11.04.2005