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Rolle der Kirchen im Dritten Reich

Ökumenische Veranstaltungsreihe über Dietrich Bonhoeffer gut besucht


Sennestadt (mcs). Die Rollen der Kirchen im Dritten Reich standen am Wochenende im Zentrum einer ökumenischen Veranstaltungsreihe zum 60. Todestag Dietrich Bonhoeffers. Bis zu 60 Zuhörer nahmen an Vorträgen und engagierten Diskussionen im Gemeindehaus der evangelischen Kirchengemeinde Sennestadt teil.
Einer Initiative von Pfarrer Dr. Manuel Schilling (evangelische Kirchengemeinde Sennestadt) und Dr. Andreas Liese (evangelisch-freikirchliche Gemeinde Sennestadt) sind die unter dem Dach des Sennestädter Christenrats durchgeführten Dietrich-Bonhoeffer-Gedenktage zu verdanken.
»Andreas Liese und ich haben beide erst kürzlich über die Rollen unserer Kirchen zur Zeit des Nationalsozialismus promoviert. Wir wollten den Sennestädtern unsere aktuellen Forschungsergebnisse näher bringen«, erläuterte Manuel Schilling die Motivation. Gerne sei aber auch die katholische Kirchengemeinde bereit gewesen, sich an dem Projekt zu beteiligen.
Zunächst habe er Zweifel gehabt, ob 60 Jahre nach der Hinrichtung Bonhoeffers am 9. April 1945 im Konzentrationslager Flossenbürg überhaupt noch Interesse am Leben des evangelischen Theologen bestehen würde. Mit der Resonanz von bis zu 60 Zuhörern sei er aber sehr zufrieden. Schilling: »Bei den Besuchern habe ich eine große Betroffenheit festgestellt. Viele verbinden mit dem Schicksal Bonhoeffers eigene Erfahrungen.«
Während Pfarrer Antonius Waterkamp Stellung bezog zur Rolle der katholischen Kirche in Hitlers NS-Deutschland, skizzierte Dr. Andreas Liese die evangelisch-freikirchliche Perspektive. Besonderes Augenmerk auf die Bekennende Kirche legte hingegen Dr. Manuel Schilling. Der Pfarrer schilderte das nur kurzzeitig erfolgreiche Aufbäumen ihrer Anhänger gegen Repressalien des totalitären Nazi-Regimes und beschrieb Aushöhlungsversuche durch die staatlich unterstützen Deutschen Christen, die schließlich - mangels Einigkeit in der Bekennenden Kirche - zu deren Zerfall führten.
Nach den fundierten Referaten bestand auch die Möglichkeit zur Aussprache. Hiervon machten die Versammlungsteilnehmer reichlich Gebrauch; teils um nachzufragen, teils um eigene Sichtweisen zu ergänzen. Außer einem Videofilm über das Leben Dietrich Bonhoeffers rundete Musik aus den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts die Vorträge ab. Neben einer Pavane von Ravel brachte Pianist Johann Schröder populäre Unterhaltungs- und Filmmusik aus den 20er, 30er und 40er Jahren zu Gehör.

Artikel vom 11.04.2005