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Der Mensch steht im Mittelpunkt

Betriebskrankenkasse Gildemeister/Seidensticker erfolgreich am Markt

Von Michael Diekmann
Bielefeld (WB). Der alteingesessene Handwerksbetrieb, der Metallbauer, der weltweit exportiert, das exklusive Fachgeschäft in der City: Der Mittelstand ist Rückgrat der Wirtschaft und Garant für die Zukunft. Das WESTFALEN-BLATT stellt in einer Serie erfolgreiche Mittelständler vor. Heute: BKK Gildemeister/Seidensticker.

»Wir haben das kollegiale Gefühl zu den Versicherten mitnehmen können und uns für die neuen Aufgaben bewahrt«, sagt Frank Jessen aus ganzer Überzeugung. Der oft zitierte Ausspruch vom »Menschen, der immer im Mittelpunkt steht«, hat nach Einschätzung des 44-jährigen Vorstandes bei der Betriebskrankenkasse Gildemeister/Seidensticker (so hieß sie früher) und heutigen Kurzform »BKK Gilsei« einen ganz besonderen Stellenwert. Der Krankenversicherer mit Stammsitz Bielefeld und 160 000 Versicherten hat eine einzigartige Erfolgsgeschichte hingelegt, findet der Chef.
Die Geburtsstunde schlug eigentlich schon 1884. Ein Jahr nach der kaiserlichen Botschaft zu den sozialen Sicherungssystemen war bei der Gildemeister AG in Bielefeld eine Krankenkasse gegründet worden. Sie gehört damit, wie Jessen herausstellt, zu den ältesten Betriebskrankenkassen Deutschlands. Als der heutige Vorstand 1989 zum Unternehmen kam, erlebte er die so genannten kollegialen Strukturen aus erster Hand. Die »3,5 Mitarbeiter« saßen Tür an Tür mit den Maschinenbauern. Man hatte Zeit für die Belange der Kollegen. Die BKK Gildemeister brachte es auf 3520 Versicherte. Im Jahr 1997 kam die Fusion mit Seidensticker. Ein Jahr lang hatte Jessen zuvor die Geschäfte der Kasse mit geführt. Dann kamen 1000 Versicherte und 1,5 Personalstellen dazu.
»Natürlich sind wir auch über den Beitragssatz gewachsen«, sagt Jessen im Rückblick. Mit damals 11,9 Prozent startete der einzigartige Wachstumsprozess. Man gewann Tests, machte Schlagzeilen, wurde bundesweit in den Medien gehandelt, auch wenn die Versicherten aus der Region OWL kamen. Bis 500 Neukunden täglich mussten betreut werden. Jessen: »Das bedeutete jeden Tag ein neuer Mitarbeiter.« Bereits 2003 folgte die zweite Fusion. Die Kollegen der Unternehmensgruppe Zeppelin/Friedrichshafen am Bodensee stellen heute ein Fünftel der Versicherten. Ein zweites Verwaltungszentrum ist im Süden, wo im Namen des Luftschiffproduzenten Baumaschinen und Flugzeuge hergestellt, der Flughafen Friedrichshafen betrieben wird.
Aktuell beschäftigt die BKK 285 Mitarbeiter. Ein höchst engagiertes Team, freut sich Jessen. Die gegenwärtig neun Auszubildenden haben ebenso gute Chancen auf Übernahme wie die vier neuen Lehrlinge, die im Sommer anfangen. Jessen: »Der Wachstumsprozess geht weiter, wenn auch etwas gedämpfter.« Zumindest räumlich hat die BKK die Weichen bereits optimal gestellt. An der Winterstraße in Brackwede, an der Einmündung zum Südring, hat man die Räume des ehemaligen Computerunternehmens Ceyonique gemietet und zum Gesundheitszentrum gemacht. Nur zwei der acht Seitenflügel im transparenten Neubau in verkehrsgünstiger Lage sind gegenwärtig noch frei. Dafür wünscht sich Frank Jessen neben der bereits eingezogenen Krankengymnastin weitere medizinische Dienstleister und Ärzte. Zumindest die Vielzahl der Versicherten, in den meisten Fällen ganze Familien, hat das neue Domizil bereits akzeptiert. Obwohl man mit einem eigenen Telefonzentrum mit 18 Fachkräften eigentlich aus dem Telefongeschäft kommt, ist die Beratung vor Ort am Südring auf dem Vormarsch.
Mit aktuell 13,5 Prozent Beitrag steht die BKK mitten im Wettbewerb der Kassen. Die nächste unternehmerische Herausforderung kommt im Sommer. Mit den Änderungen im Bereich Zahnersatz und Krankengeld wird es reichlich Diskussionsstoff geben. Änderungen ganz anderer Art sieht Jessen hingegen als neue Chance für sein Unternehmen. Das versteht sich als Familienkasse und möchte zunehmend auch die »gesunden Alten« intensiv betreuen. Jessen: »Es gibt sehr viele junge Alte, die bewusst leben für die Gesundheit und als Zielgruppe besonderer Aufmerksamkeit bedürfen.« An entsprechenden Marketingaktivitäten und Konzepten wird am Südring längst gearbeitet - von den Autoren der einzigartigen Erfolgsgeschichte. Was 1884 mit der kleinen Betriebskasse anfing, bilanziert heute in einem kreativen Konzept zwischen Tradition und Innovation ein Volumen von 465 Millionen Euro.

Artikel vom 27.04.2005