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Der Papst
dachte sogar
an Rücktritt

15-seitiges Dokument veröffentlicht

Rom (dpa). Die Welt nimmt Abschied: Mit bis zu vier Millionen Gläubigen und 200 Staatsgästen wird die Beisetzung von Papst Johannes Paul II. zu einer der größten Trauerfeiern der Geschichte. Im Jahr 2000 hatte das Kirchenoberhaupt zeitweise an einen Rücktritt gedacht. Dies bekennt der Pontifex in seinem gestern vom Vatikan veröffentlichten Testament.

Als erster ranghoher Trauergast hatte US-Präsident George W. Bush am Mittwoch Abend im Petersdom Abschied von dem gestorbenen Kirchenführer genommen. Bundeskanzler Gerhard Schröder und Bundespräsident Horst Köhler wurden gestern Abend in Rom erwartet. Bush fuhr direkt nach der Ankunft in Rom noch in der Nacht zusammen mit seiner Frau Laura und seinem Vater, Ex-Präsident George Bush, zum Petersdom. Er kniete mehr als fünf Minuten zum Gebet nieder, während die Pilger weiter an dem Toten vorbeizogen.
Großes Interesse zog gestern das Testament des Papstes auf sich: »Jetzt, wo mein Lebensalter auf die 80 zugeht«, müsse man sich die Frage nach einem Rückzug stellen, heißt es in einem Eintrag vom 17. März 2000. Er hoffe aber, Kraft zu haben, sein Amt fortzuführen. Im Jahr 2000 hatte es wegen schwerer gesundheitlicher Probleme des Papstes mehrfach Spekulationen um einen Rücktritt gegeben.
Der Papst ordnet in dem Dokument an, dass seine gesamten persönlichen Notizen verbrannt werden. Dies solle sein Privatsekretär Stanislaw Dziwisz überwachen. Zudem schrieb er: »Ich hinterlasse keinerlei Eigentum, über das verfügt werden müsste.« Er wünsche sich, wie Papst Paul VI. 1978 in einem normalen Sarg in der Erde beigesetzt zu werden, und nicht - wie in der Vergangenheit bei Päpsten häufig üblich - in einem Sarkophag.
In dem Testament, das nach Angaben des Vatikans aus 15 losen Blättern besteht, geht der Papst auch auf das Attentat auf dem Petersplatz ein, bei dem er 1981 schwer verletzt wurde. »Die Göttliche Vorsehung hat mich auf wundersame Weise vor dem Tod gerettet.« Danach habe er sich seinem Amt noch mehr verpflichtet gefühlt. Der Papst deutete auch an, das Überleben des Attentats sei ein Grund gewesen, später nicht zurückzutreten.
Auch die politische Konfrontation vor dem Fall des Kommunismus erwähnt der Papst: »Gelobt sei die göttliche Vorsehung dafür, dass die Zeit des so genannten »Kalten Krieges« ohne gewalttätigen nuklearen Konflikt zu Ende gegangen ist.« In einer Eintragung aus dem Jahr 1980 beklagt der Pontifex auch eingehend die Verfolgung der Kirche. »In einigen Ländern befindet sich die Kirche in der Phase einer derartigen Verfolgung«, die nicht geringer als in den ersten Jahrhunderten des Christentums sei. Der Grad »der Unmenschlichkeit und des Hasses« sei heute sogar noch schlimmer.
In einem undatierten Kapitel beschäftigt sich der Papst mit seinen körperlichen Leiden. Trotz großer Schwäche, »habe ich das größte Vertrauen in den Herrn, dass er mir alle notwendige Gnade gibt, mich nach seinem Willen jeder Aufgabe, jeder Prüfung und allen Leiden zu stellen«. An die Adresse der Gläubigen heißt es: »Nach meinem Tod bitte ich um Heilige Messen und Gebete.«

Artikel vom 08.04.2005