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Leitartikel
Partikelfilter für Diesel

Unehrliche
Debatte
um Feinstaub


Von Wolfgang Schäffer
Auto fängt mit »Au« an und hört mit »O« auf. Von diesem Buchstabenspiel um Schmerzenslaute können derzeit sowohl Autofahrer als auch Autoindustrie ein Lied singen.
Schon beim Kauf eines Neuwagens gehen den Kunden oft die Augen über, wenn sie die Preise sehen. In Verbindung mit unsicheren oder nicht mehr vorhandenen Arbeitsplätzen sorgt das für große Kaufzurückhaltung. Steht aber doch ein Neuer vor der Tür, muss irgendwann getankt werden. Und jeder Stopp an der Zapfsäule bedeutet einen tiefen Griff in die Tasche. Die Ölmultis langen kräftig zu.
Kein Wunder, dass in jüngster Vergangenheit vor allem die verbrauchsgünstigen Dieselmotoren im Mittelpunkt des Interesses standen. Ungeachtet der Steuerbelastung und des höheren Kaufpreises wuchs der Anteil der Selbstzünder auf etwa 50 Prozent.
Jetzt bremsen die Diskussionen um Feinstaubbelastung und Partikelfilter den leichten Aufschwung. Erschreckend aber, dass bei der Wahl der Argumente oft der Wahrheitsgehalt auf der Strecke bleibt.
Fraglos blasen Dieselmotoren Rußpartikel in die Luft. Diese Partikel stehen im Verdacht, bei Menschen Krebs auszulösen. Also liegt nichts näher, als Filter einzubauen, die den Ruß auffangen. Es ist aber grundsätzlich falsch, die komplette Feinstaubbelastung der Umwelt den Diesel-Pkw - wenn nicht in die Schuhe, dann in die Auspuffendrohre zu schieben. Neben großen Industrieanlagen sind es auch Privathaushalte, Großbaustellen, Lkw und sogar die Natur - beispielsweise gerade jetzt mit dem Pollenstaub -, die für Feinstaub sorgen. Den Anteil der von Pkw erzeugten Partikel schätzen Experten dagegen auf nicht mehr als etwa zehn Prozent.
Selbstverständlich muss alles getan werden, diesen Ruß, so weit es geht, zu verhindern. Auf der anderen Seite kann es aber nicht sein, dass Partikel aufgefangen werden, dafür aber der Ausstoß von umweltschädlichem CO2 steigt und die EU-Abgasnorm 4 nicht erreicht wird. Letzteres war und ist noch immer bei einigen französischen Herstellern so, die ja bekanntlich als erste »rauchfrei« unterwegs waren.
Nicht zuletzt die werbewirksame Vermarktung der Filtertechnik in Verbindung mit der Feinstaubdebatte und der Androhung von Fahrverboten setzt die deutschen Hersteller massiv unter Druck. Statt innermotorische Lösungen, die vor allem bei hubraumschwächeren zur Senkung aller Emissionen, also auch der Partikel, ausgereicht hätten, kommen in Zukunft mehr oder weniger flächendeckend Partikelfilter zum Einsatz - sobald Produktionsengpässe abgebaut sind.
Eine Nachrüstung indessen stößt noch auf Probleme. Unklar ist zudem nach wie vor, ob und welche steuerlichen Förderungen es geben wird. Die Industrie hat reagiert. Jetzt ist es an der Politik, schnell zu entscheiden. Nur so bekommen Kunden und auch Hersteller Planungssicherheit.

Artikel vom 11.04.2005