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Kinder dürfen nicht Theater spielen

Eltern verbieten Teilnahme -ĂŠKreis Gütersloh verhängt Bußgeld

Von Ernst-Wilhelm Pape
und Stephan Rechlin
Gütersloh (WB). Im Kreis Gütersloh droht zwei Elternpaaren erstmals eine Haftstrafe, weil sie ihre Kinder aus religiösen Gründen nicht zur Schule geschickt haben.

Nach Angaben der Bezirksregierung lehnten es die Eltern ab, ihre Kinder an einem Theaterspiel der Grundschule teilnehmen zu lassen. Der Kreis Gütersloh verhängte ein Bußgeld, doch die Eltern weigerten sich, zu zahlen. Die Staatsanwaltschaft prüfte die Rechtmäßigkeit des Bußgeldbescheides und bat das Amtsgericht Gütersloh um Eintreibung der etwa 75 Euro. Um die Eltern zur Zahlung zu bewegen, kann das Amtsgericht Erzwingungshaft anordnen - ein entsprechender Beschluss soll bereits getroffen worden sein. Der Kreis Gütersloh weigerte sich gestern mitzuteilen, um welches Theaterstück es sich handelt.
Im Fall der Schulverweigerer in den Kreisen Paderborn und Höxter hat der Detmolder Regierungspräsident Andreas Wiebe (Grüne) den Eltern vorgeworfen, ihre Kinder als Geiseln zu missbrauchen, um ihre Ideologie durchzusetzen. Wer sich der Eingliederung widersetze, sollte in ein anderes Land ziehen, sagte Wiebe. Sieben Familien aus dem Kreis Paderborn und eine Familie aus dem Kreis Höxter schicken aus religiösen Gründen schon seit acht Monaten ihre Kinder nicht zur Schule. Bei den Schulverweigerern handelt es sich um strenggläubige Baptisten, die aus Kasachstan stammen. Eine weitere Familie aus Kalletal (Kreis Lippe) hat den Schulboykott inzwischen beendet. Gegen alle acht Elternpaare sind inzwischen Bußgelder in Höhe von jeweils 500 Euro verhängt worden. Da sie nicht beglichen wurden, sind zwei Elternpaare vom Amtsgericht Paderborn und vom Amtsgericht Höxter zur Zahlung verurteilt worden. In einem dritten Fall findet am 13. April um 14.30 Uhr im Amtsgericht Paderborn (Saal 231) eine Verhandlung statt. Bei Zahlungsverweigerern kann Erzwingungshaft angeordnet werden.
Zusätzlich zum Bußgeld sind gegen die acht Elternpaare Zwangsgelder von 1000 Euro pro Kind verhängt worden. Werde das nicht bezahlt, werde die Summe immer wieder erhöht, sagte Wiebe. Ferner besteht nach einer Anweisung von NRW-Schulministerin Ute Schäfer (SPD) die Möglichkeit, bei Verwaltungsgerichten Ersatzzwangshaft zu beantragen.

Artikel vom 07.04.2005