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Schwarzarbeiter-Mafia kassierte Millionen

Autobahn-Grünstreifen gepflegt - Vier Männer in Haft

Von Christian Althoff
Wuppertal (WB). Ein Heer von Schwarzarbeitern hat möglicherweise seit Jahrzehnten die Grünstreifen der deutschen Autobahnen gepflegt. Insgesamt 900 Beamte des Landeskriminalamtes NRW, des Zolls, der Steuerfahndung, der Staatsanwaltschaft Wuppertal und örtlicher Polizeibehörden haben die Bande gestern auffliegen lassen.

Es geht um Millionenaufträge. »Allein im vergangenen Jahr sind für die Grünpflege und den Gehölzschnitt an den 12 000 Autobahnkilometern 60 Millionen Euro ausgegeben worden«, sagte Petra Antonin, Sprecherin der Bundesanstalt für Straßenwesen in Bergisch Gladbach. Oft würden die Arbeiten von Autobahnmeistereien erledigt, ein Teil werde aber auch ausgeschrieben und an Firmen vergeben. So hatte Nordrhein-Westfalen im vergangenen Jahr 2,1 Millionen Euro an Gartenbauunternehmen gezahlt - vor allem, um Gehölze entlang der 2178 Autobahnkilometer im Lande zurückzuschneiden.
Die für Korruptionsdelikte zuständige Staatsanwaltschaft Wuppertal geht davon aus, dass vier Italiener ein Netz von Garten- und Landschaftsbaufirmen gegründet haben, die sich regelmäßig an Ausschreibungen für Grünarbeiten an deutschen Autobahnen beteiligt haben - und oft die günstigsten Angebote abgaben. Oberstaatsanwalt Alfons Grevener: »Weil den ausschreibenden Behörden auf diese Weise gleich mehrere Billigangebote vorlagen, fielen die Dumpingpreise nicht auf.« In Einzelfällen umfassten die Aufträge ein Volumen von mehr als einer Million Euro.
Die Tatverdächtigen konnten so günstig sein, weil sie vor allem Schwarzarbeiter beschäftigt haben sollen, für die sie weder Lohnsteuer noch Sozialabgaben zahlten. »Und das möglicherweise seit Jahrzehnten«, sagte Grevener. Die Zahl der Schwarzarbeiter steht noch nicht fest.
Seit einem Jahr hatte eine Sonderkommission namens »Gala« (Garten- und Landschaftsbau) mit Beamten aus vier Behörden gegen die Bande ermittelt, gestern schlugen die Fahnder zu. Sie durchsuchten in Deutschland und Italien 60 Wohnungen und Büros. Außerdem sollten auf Konten der Verdächtigen drei Millionen Euro sichergestellt werden. Zudem wurden Arbeiter auf entsprechenden Autobahnbaustellen überprüft.
Ermittler sprachen gestern von einer regelrechten Schwarzarbeiter-Mafia. Oberstaatsanwalt Grevener: »Wir werfen den Beschuldigten die Bildung einer kriminellen Vereinigung vor, außerdem Betrug in besonders schwerem Fall, Veruntreuung von Arbeitsentgeld, Wettbewerbsabsprachen und Steuerstraftaten.«
Die vier hauptbeschuldigten Italiener sitzen seit gestern in Untersuchungshaft, gegen 39 weitere Verdächtige wird ermittelt.

Artikel vom 07.04.2005