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Spargebote nimmt er sportlich:
»Bleibe meinen Visionen treu«

Regisseur Kay Metzger neuer Intendant am Landestheater Detmold

Detmold (WB). Der neue Intendant des Landestheaters Detmold, Kay Metzger (45), hatte einen schwierigen Start mit Doppelfunktion, aber offensichtlich keine Furcht vor Herausforderungen. Seit 1. April ist er ausschließlich für die lippische Bühne zuständig, nachdem er sieben Monate lang parallel seine bisherige Wirkungsstätte, das Nordharzer Städtebundtheater in Halberstadt und Quedlinburg, geleitet hat. Über seinen Weg nach Detmold und seine Pläne im neuen Amt sprach er mit Andrea Pistorius.

Sie haben eine Reisebühne gegen eine andere eingetauscht. Was fanden Sie an Detmold so attraktiv? Kay Metzger: Ich war vor zehn Jahren schon mal in Detmold, ich habe damals »Das Schwarzwaldmädel« inszeniert und diese Arbeitserfahrung in lebhafter Erinnerung- ich war erstaunt über das konstruktive Betriebsklima und über die künstlerischen Potenziale im Haus. Mit meinem Vorgänger Ulf Reiher bin ich stets in Kontakt geblieben und so hat er mir letztes Jahr die »Tosca« angeboten. Durch diese Arbeitsbegegnung kam dann auch das Gespräch auf eine eventuelle Nachfolge.
Was mich an Detmold zudem besonders gereizt hat, ist das größere B-Orchester. Das profiliertere Musiktheater hier eröffnet in der Spielplangestaltung ganz andere Möglichkeiten.

Nach Coburg und Halberstadt jetzt Detmold: Haben Sie einen Hang zur Provinz?Kay Metzger: Mein Lehrer August Everding hat immer gesagt, es ist nicht die Frage, ob man in der Provinz, sondern ob man provinziell arbeitet. Das ist eine wichtige innere Haltung - nicht mit dem Minderwertigkeitskonplex zu agieren, sondern im Rahmen der Möglichkeiten, die personell und finanziell gegeben sind, ein Optimum rauszuholen. Dass das möglich ist, hat das Landestheater zuletzt mit »Faust«, »Les Miserables« und jetzt mit dem »Tannhäuser« gezeigt.

Wie kann gutes Theater gelingen, wenn die Ressourcen noch weiter beschnitten werden?Kay Metzger: Ein Spardiktat habe ich nie als belastend empfunden, ich habe das immer sportlich genommen - und da ist der Osten eine sehr harte Schule. Phantasie und Flexibilität sind gefragt und strategisches Denken. Ich habe gelernt, mit Geld umzugehen. Gleichzeitig bleibe ich meinen Visionen und Träumen treu. Das gehört dazu, sonst kann man nicht erfolgreich Intendant sein.

Ist die Lösung in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ein gefälliges Theaterprogramm?Kay Metzger: In Ostdeutschlnad habe ich die gegenteilige Erfahrung gemacht. Und ich zitiere immer wieder gern meinen Lehrmeister August Everding, der sagte: Wenn man dem Publikum nur hinterher läuft, sieht man es irgendwann bloß noch von hinten. Ich meine, dass sich das Theater auch seines Bildungsauftrags bewusst bleiben muss. Das heißt, wir müssen eine gute Mischung bieten. Wenn man nur Unterhaltungskunst brächte, hätte das Publikum bald keine Lust mehr, ins Theater zu gehen. Dieses würde zum Tingeltangel verkommen.

Was kommt in einer Zeit leerer öffentlicher Kassen auf Detmold zu? Kay Metzger: Das Landestheater hat bereits große Sparanstrengungen vollzogen und man kommt jetzt in einen Bereich, in dem man nicht beliebig die Sparschraube drehen kann - und schon gar nicht bei einer dünnen Personaldecke in Chor, Orchester und Ballett. Dann geht die Diskussion in Richtung einer Strukturdebatte. Ich bin allerdings positiv überrascht, dass ich bei den wichtigsten Entscheidungsträgern deutlich spüre, dass die Identifikation mit dem Haus nachhaltig ist. Das, was das Landestheater auszeichnet, möchte man erhalten. Das stärkt mir schon den Rücken. Ich hätte allerdings Schwierigkeiten, weitere Einsparungen beim künstlerischen Personal mitzutragen.

Wäre es sinnvoll, entlegene Abstecherorte wie Itzehoe zu streichen?Kay Metzger: Nein, die Reisetätigkeit gehört zu den Aufgaben einer Landesbühne dazu. Und jeder Abstecherort zahlt seinen Preis dafür, dass wir kommen. Die Einnahme-Ressourcen hier vor Ort mit dem großen Abo-System und den Freiverkäufen sind sehr gut ausgereizt und werden durch die Gastspiele voll ausgeschöpft.

Sie haben sich künstlerisch ihrem Publikum mit der Oper »André Chénier« vorgestellt. Warum gerade dieses Werk und was kommt als nächstes?Kay Metzger: Diese Oper stand auf meiner Wunschliste immer ganz oben. Es handelt sich hier um Vollbluttheater mit tollen Partien, ein absolutes Lieblingsstück. Im Herbst folgt dann »Don Giovanni«, die dritte Mozart-Oper in meiner Biografie als Regisseur.

Artikel vom 07.04.2005