07.04.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Rechtsanspruch und Wirklichkeit

Gegen den Trend: In Rheda-Wiedenbrück fehlen viele Kindergartenplätze

Rheda-Wiedenbrück (dibo). Landauf, landab werden derzeit ob fehlender Nachfrage Kindergartengruppen geschlossen. In Rheda-Wiedenbrück ist dagegen der Fehlbedarf so groß, dass man rein rechnerisch eine neue Vier-Gruppen-Einrichtung eröffnen könnte.

An einem runden Tisch haben die Träger und Leiter der Rheda-Wiedenbrücker Einrichtungen die eklatante »Unterdeckung« erstmals anhand eines Datenabgleichs ermittelt: Danach haben derzeit 14 Mädchen und Jungen in Wiedenbrück sowie 39 in Rheda zwar einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz, können aber nicht versorgt werden. Hinzu kommen insgesamt 116 Kinder, die bis zum 30. Juli kommenden Jahres in diesen Rechtsanspruch »hineinwachsen« - ganz abgesehen von den 35 Mädchen und Jungen unter zwei Jahren. Für sie besteht keine offizielle Betreuungs-Regelung, ein Rechtsanspruch schon gar nicht. Zwar gibt es das Tagesstättenausbaugesetz (TAG), das bis 2010 umgesetzt werden soll, kein Mensch wisse allerdings, wo das Geld dafür herkomme, erklärte gestern Betty Stroop, Leiterin des Tageseinrichtung »Spielkiste« in Rheda.
Im vergangenen Jahr hatte das Kreisjugendamt mit Blick auf die demographische Entwicklung die Rheda-Wiedenbrücker Kindergärten gebeten, sich über die Schließung von Gruppen Gedanken zu machen. Doch was die Statistik für das Land prognostiziert, muss noch lange nicht für einen Kleinstadtkosmos gelten.
Ein Grund für die Abweichung vom Landestrend sei der nicht berücksichtigte Zuzug von Familien nach Rheda-Wiedenbrück, erklärte Markus Kral, Leiter der DRK-Einrichtung »Budenzauber«. Zudem, so Betty Stroop, stimme es nicht mehr, dass nur 93 Prozent der Familien mit Rechtsanspruch den Kindergartenplatz auch belegen wollten. Immer mehr Mütter seien darauf angewiesen, nach dem drei Jahre dauernden Mutterschutz wieder zum Familieneinkommen beizutragen. Stroop: »Keine Frau kann es sich leisten, ihren Arbeitsplatz aufzugeben«.
Die Eltern der betroffenen Kinder mit Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz sind nun aufgerufen, sich mit einem bei den Tagesstätten erhältlichen Fragebogen direkt an das Kreisjugendamt zu wenden - denn erst dann werde die Behörde handeln, heißt es. In Rheda-Wiedenbrück denkt man derweil darüber nach, die im vergangenen Jahr geschlossene zweite Notgruppe des St. Clemens-Kindergartens II wieder zu öffnen. Das brächte für den besonders betroffenen Stadtteil Rheda eine Entlastung von 15 Plätzen.
Klar ist für alle Beteiligten, dass das Problem nur gemeinsam - mit den Kitas, der Stadt- und der Kreisverwaltung - gelöst werden kann. Die Stadtverwaltung hat den Trägern und Kita-Leitungen bereits zugesagt, bei der Anmietung neuer Räume behilflich zu sein.

Artikel vom 07.04.2005