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Bewährungshilfe steht
für freien Rechtsstaat

Festakt zum 50. Geburtstag - hohe Qualität der Arbeit

Bielefeld (uko). Die Wahrung der Grundlagen unseres Rechtsstaates hat die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger beschworen. In einem Festakt im Bielefelder Rathaus zur Feier des 50. Geburtstages der Bewährungshilfe beim Landgericht Bielefeld warnte die FDP-Politikerin vor »einer restriktiveren Grundhaltung im Umgang mit Straftätern«.

Landgerichtspräsident Uwe Jürgens begrüßte neben Bielefelds Oberbürgermeister Eberhard David den Präsidenten des Oberlandesgerichts Hamm, Gero Debusmann, Generalstaatsanwalt Manfred Proyer, den Leitenden Staatsanwalt der Bielefelder Behörde, Dr. Wolfgang Schulze, Polizeipräsident Erwin Südfeld und Klaus Heise als Vorsitzenden des Bielefelder Anwaltvereins.
Uwe Jürgens skizzierte den langen Weg der Strafrechtsreformen, die von der ursprünglichen Gnadengewährung für Straftäter zu Beginn der 50er Jahre zu »einem echten Rechtsinstitut« in Form der Bewährungshilfe umgemünzt wurde. »Gerichte, Staatsanwaltschaften und Bewährungshilfe haben daraus das Beste gemacht«, sagte Uwe Jürgens, der an die Anfänge der Bewährungshilfe in den Städten Bielefeld, Gütersloh, Herford und Minden erinnerte. Die Verhängung einer Strafe, deren Vollstreckung ausgesetzt werde, gebe »dem Verurteilten eine Chance zur Bewährung«, »vor allem um seine Resozialisierung in Freiheit durch geeignete Maßnahmen zu erreichen«.
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger beklagte ein Zuviel an »Kontrolle und Sicherheit«, denen »eine einseitige Priorität vor Hilfsangeboten« eingeräumt werde. Die europapolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion kritisierte zudem eine »Kaskade grundrechtseinschränkender Gesetze« als Gefahr für die Rechtspolitik Deutschlands. Die Festrednerin zog Vergleiche mit den USA, wo wie in der McCarthy-Ära oder mit dem Patriot-Act im Gefolge der Anschläge vom 11. September die »Werte des freiheitlichen Gemeinwesens« unterminiert worden seien. Sie pries die Vorzüge einer »freien Bürgergesellschaft« und prangerte die Diskussion um eine »legitime Folter« in Deutschland an. Die Bundestagsabgeordnete warnte unter dem Beifall der Festgäste vor der drohenden Privatisierung der Bewährungshilfe. Sie setzte vielmehr auf die »Selbstverpflichtung des Staates, das hohe Qualitätniveau der übertragenen Aufgaben aufrecht zu erhalten«.
Magdalena Falk, die Koordinatorin der Bewährungshilfe im Landgerichtsbezirk, hatte eindringlich auf das Spannungfeld verwiesen, in dem ihre Kollegen als »Wohlfahrtspfleger mit einem kaum vorstellbaren Idealismus« tätig seien. Sie nannte indes auch die freien und öffentlichen Träger, die Selbsthilfegruppen und Vereine, ohne die diese Arbeit heute nicht mehr denkbar sei. Gekonnte wie feinsinnige Vorträge der Kabarettisten »Mindener Stichlinge« rundeten den Festakt schließlich ab.

Artikel vom 07.04.2005