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Die Musik als Lebenselixier

Elisabeth Schaffranek ist seit 1948 Abonnentin der Freitagskonzerte

Von Uta Jostwerner (Text) und Bernhard Pierel (Foto)
Bielefeld (WB). »Musik ist mein Leben«, sagt Elisabeth Schaffranek (90) und ein wenig gewinnt man bei einem Besuch der rüstigen Seniorin auch den Eindruck, dass die Musik sie agil gehalten hat. Seit 1948 ist sie Abonnentin der Freitagskonzerte des Philharmonischen Orchesters und kaum ein Tag vergeht, an dem sie sich nicht ans Klavier setzt und Werke von Bach oder Mozart spielt.

Fünf Musikdirektoren beziehungsweise Generalmusikdirektoren hat sie miterlebt, den Operndirektor Carl Schmid-Belden nicht mitgerechnet, der zwischen Hans Hoffmann (1939 bis 1949) und Bernhard Conz (1951 bis 1974) das Orchester übergangsweise leitete. Gefragt nach ihrem Lieblingsdirigenten beziehungsweise GMD kommt Conz, der überwiegend das klassisch-romantische Konzertrepertoire pflegte, wie aus der Pistole geschossen. Conz war es aber auch, der Elisabeth Schaffranek an Komponisten wie Hans Werner Henze heranführte und mit der Moderne vertraut machte. Ein Liebhaber zeitgenössischer Musik sei sie zwar nicht. »Aber für zwischendurch ist das mal interessant«, so die 90-Jährige, die nur einen Steinwurf von der Oetkerhalle entfernt wohnt und sich noch komplett selbst versorgt.
Geboren am 7. September 1914 in Paderborn, wurde die kleine Elisabeth, die das Abitur am Michaelskloster ablegte, früh an Musik und den Konzertbetrieb herangeführt. »Seit meinem siebten Lebensjahr spiele ich Klavier und meine Eltern nahmen mich schon als Kind mit in Konzerte und Oratorien«, erinnert sie sich.
Keine Frage: Die Familie war hoch musikalisch und die Großmutter sang in Oratorien sogar die Sopran-Solopartien.
Die Heirat führte Elisabeth Schaffranek nach Bielefeld, wo sie fünf Kinder zur Welt brachte. Und obwohl die ersten Nachkriegsjahre von Entbehrungen gekennzeichnet waren, leistete sie sich ein Abonnement für die städtischen Konzerte. »Ich habe ja das Konzerthaus vor der Tür, bequemer kann man es nicht haben«, sagt sie, die kein Konzert verpasst und gelegentlich auch die Kammermusikreihe »Philharmoniker solistisch« besucht.
In besonders guter Erinnerung geblieben sind ihr die Kindertotenlieder von Gustav Mahler, gesungen von dem bekannten Bariton Thomas Quasthoff. »Der hat die Lieder so ergreifend gesungen, wie ich sie zuvor noch nie gehört hatte. Als der letzte Ton verklungen war, dauerte es eine ganze Weile, bis der Sturm der Begeisterung losbrach«, erinnert sie sich.
Zuhause hört sie ebenfalls viel Musik, wenn sie nicht gerade selber musiziert. Zu ihren Lieblingskomponisten gehören Mahler, Mozart und Beethoven. Um geistig fit zu bleiben, lernt sie Gedichte auswendig: Hermann Hesse, Rainer Maria Rilke und Eduard Mörike verehrt Elisabeth Schaffranek, die sich zeitlebens auch immer für Geschichte und Kunst interessierte, besonders.

Artikel vom 09.04.2005