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Schlanker, durchlichteter Klang, der Maßstäbe setzt

Letztes Pro Musica-Konzert mit Berliner Barocksolisten

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Mit dem weltweit anerkannten Flötisten Emmanuel Pahud und den Berliner Barocksolisten unter Rainer Kussmaul erlebte die Pro Musica-Konzertreihe einen würdigen, galanten Saisonausklang. Das Publikum in der vollbesetzten Oetkerhalle bekundete seine Begeisterung mit minutenlangem, intensivem Beifall.

Aus der schier unendlichen Füller der Telemannschen Instrumentalmusik hatten die ausgewiesenen Experten Alter Musik sechs konzertante Gourmandisen herausgepickt, die zugleich die enorme kompositorische Wandlungsfähigkeit des Barock-Komponisten unterstrichen. Telemanns Ouvertüren-Suiten sind geradezu eine Fundgrube der musikalischen Affektendarstellung. Die bedeutendsten Nationalstile verbinden sich darin zum so genannten vermischten Geschmack mit eindrucksvollen Tanzsätzen.
Und die Barocksolisten verstanden es, diese durch differenzierte Tempo- und Dynamikauffassungen zu beleben (Ouvertüre für Streicher und Generalbass C-Dur). Ihr schlanker und durchlichteter Klang setzt Maßstäbe im Kompendium der unterschiedlich charakterisierten Tanzsätze, die mit vitalem Puls zum Besten gegeben wurden.
Immer wieder vermögen es die zwölf Instrumentalisten mit Kussmaul an der Primgeige, bass zu verblüffen. Da ist zum einen diese delikate Springbogentechnik, Phrasierungs- und Artikulationsprägnanz, zum anderen bei allen Ecken und Kanten eine ungemeine Geschmeidig- und Gefälligkeit zu verzeichnen. Das intensive Aushorchen und Einfühlen der Partitur fiel besonders im Konzert für drei Violinen, Streicher und Generalbass ins Gewicht, wo sich ferner solistischer Glanz mit Continuo-Brillanz mischten.
Bei aller Vitalität und animiertem Spiel aber leitete Kussmaul stets geschmackvoll und gemäßigt.
Virtuose Figurationen entfaltete Emmanuel Pahud in drei Konzerten für Flöte, vornehmlich im D-Dur Konzert kann er seine einnehmend makellose Anblastechnik und Musikalität ausspielen.
Im A-Dur Konzert steht der Dialog mit der Sologeige und der singende Stil im Vordergrund. Hier gefiel das pointierte, lebhafte Konzertieren über dezent tremolierendem Streichersatz ebenso wie die Genauigkeit, mit der im langsamen Satz Note für Note ausgespielt wurde, ohne dass man Tempoverschleppungen befürchten musste. Im G-Dur-Konzert schließlich durfte man sich an Pahuds geschmeidiger Verzierungstechnik und seinem weichen, samtigen Ton erfreuen.
Insgesamt ein Konzertabend von vitalisierender Wirkung, der mit einer heftig herbeigeklatschten Zugabe (Menuett und Badinerie aus Bachs zweiter Orchestersuite) einen zünftig schwungvollen Ausklang fand.

Artikel vom 07.04.2005