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Im Sprachgewirr Europas

Amüsanter Episodenfilm »One Day in Europe«


Es ist ein Alptraum: Die englische Geschäftsfrau steht allein in einer düsteren Straße in Moskau, das ganze Gepäck wurde gestohlen, niemand versteht sie. Dank einer warmherzigen, wild gestikulierenden Russin klappt die Verständigung mit der Polizei dann aber irgendwie doch.
In vier Epsioden in vier Städten zeichnet Regisseur Hannes Stöhr in seinem Film »One Day in Europe« das Porträt eines multikulturellen, vielfältigen Europas. Es geht um Kommunikation und Identitätsuche, um Fremdheit und Solidarität. Der charmante und amüsante Film, der bereits bei der Berlinale Aufsehen erregte, kommt heute in die Kinos.
Zeitgleich verstricken sich in Moskau, Istanbul, dem spanischen Wallfahrtsort Santiago de Compostela und Berlin Touristen in Diebstahlsgeschichten. Die Reaktionen der Behörden sind höchst unterschiedlich und erfüllen alle Klischees: Die russischen Polizisten sind langsam und bürokratisch, die türkischen schrecken bei Verhören nicht vor Schlägen und Freiheitsberaubung zurück. Die spanischen sind locker und so lange voller Lebensfreude, bis sich herausstellt, dass ihre Überwachungskamera versagt hat. Die deutschen sind so gründlich, dass sie sich übertölpeln lassen.
Die Geschichten werden durch das an diesem Tag in Moskau stattfindende - fiktive - Endspiel in der Champions League zwischen Deportivo La Coruna und Galatasaray Istanbul verknüpft. In allen Städten sind Fans unterwegs, versammeln sich die Menschen vor Fernsehern, bangen und hoffen mit ihrem Team.
Auch wenn das überall grassierende Fußballfieber verbindet - die Mentalitäten in Europa sind trotz der politischen Union höchst unterschiedlich. Das ist weder neu noch bemerkenswert. Trotzdem macht Stöhrs Film einfach Spaß. Und das liegt an der Leichtigkeit, mit der er von den Menschen in Europa, von ihren Reisen, von ihren zufälligen Begegnungen und Missverständnissen erzählt: Hier wird die wechselseitige Fremdheit offenbar.

Artikel vom 07.04.2005