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Teuflisch guter Konzertgenuss

Philharmoniker solistisch im Ceci

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Die Ausweichspielstätte Ceciliengymnasium hat sich unter den Konzertbesuchern noch nicht so richtig durchgesetzt. Die wenigen Besucher, die am Montagabend den Weg in die Schulaula gefunden hatten, zollten den Mitgliedern des philharmonischen Orchesters bei ihrem dritten Saisonkonzert der Reihe »Philharmoniker solistisch« nichtsdestotrotz begeisterten Applaus.

Verständlich, ließen doch Programmauswahl und Ausführung keine Wünsche offen und bescherten vielmehr einen teuflisch guten Abend. Unter dem Titel »Melodramatisches« präsentierten Ulrich Neuweiler (Sprecher) und der kurzfristig eingesprungene Christian Petersen (Klavier) zunächst Franz Liszts 1874 entstandenes Melodram »Lenore« nach einer Ballade von Gottfried August Bürger. Trauer über den Tod des Geliebten treibt Lenore in geistige Umnachtung, in der sie den Totgeglaubten zurück wähnt. Doch der Gewaltritt ins gemeinsame Hochzeitsgemach entpuppt sich als gruselige Reise ins Jenseits, der Ulrich Neuweiler vielfältige Ausdrucksfacetten schenkte, derweil Christian Petersen mal kraftvoll, mal subtil in die Tasten griff und atmosphärisch untermalte.
Die Geschichte vom Soldaten nach einem Text von Charles Ferdinand Ramuz und vertont von Igor Strawinsky nahm nicht minder für sich ein. Das skurrile Stück für Sprecher und Musik erschafft einen namenlosen Helden, der der Verführung durch den Teufel unterliegt, anstatt seinem Lebenstraum zu folgen. Für eine Kammerbesetztung aus Violine (Ursula Esch), Kontrabass (Klaus Ebert), Klarinette (Margarete Fiedler), Fagott (Michael Römisch), Trompete (Andreas Stickel), Posaune (Olaf Schneider) und Schlagzeug (Klaus Bertagnolli) geschrieben, greift es msuikalisch sowohl attraktive Tanzströmungen der 1920er Jahre auf als auch beißende Harmonien. Und Carolin Nordmeyer am Pult ließ pointiert schwungvoll und nuanciert aufspielen und sorgte für eine punktgenaue, spannungsvolle Verflechtung mit den Sprechern Neuweiler (Teufel), Tilmann Böttcher (Soldat) und Katrin Dworatzek, die als Erzählerin vielgestaltige Ausdrucksnuancen in wunderbar klarer und verständlicher Sprache zuwege brachte.

Artikel vom 06.04.2005