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Gute Schüler »parken« im Gymnasium

Lehrstellenmangel füllt Oberstufen

Von Reinhard Brockmann
und unseren Lokalredaktionen
Bielefeld (WB). Wegen fehlender Berufschancen »parken« inzwischen immer mehr höher qualifizierte Schüler in den Oberstufen der Gymnasien.

Die Zahl der Quereinsteiger - etwa von Klasse zehn Realschule in die gymnasiale Oberstufe - zieht deutlich an. In Bielefeld von 104 auf 198, im Kreis Herford von 124 auf 181 und im Kreis Gütersloh von 129 auf 162. Auch der seit Jahren wachsende Zustrom von Klasse vier auf die Gymnasien ist nach einer vorläufigen Statistik der Bezirksregierung noch einmal um zwei Prozent auf 6856 in Ostwestfalen-Lippe gewachsen.
In Bielefeld bewegen sich die Anmeldezahlen für weiterführenden Schulen seit Jahren auf einem hohen Niveau. Reichten früher 700 Plätze in den sieben städtischen Gymnasien, waren für das laufende Schuljahr 840 erforderlich. Zum Schuljahr 2005/2006 liegen erneut 795 Anmeldungen vor. Weil sich bei einzelnen Gymnasien bis zu 158 Interessenten meldeten, war ein internes Verteilverfahren erforderlich. Ein ähnliches Bild bot sich auch bei den Realschulen.
Weil sie keine Lehrstelle finden, versuchen auch in Bielefeld Haupt- und Realschulabgänger die Schulzeit zu verlängern. »In normalen Jahren nehmen wir 100 Realschulabgänger in den elften Jahrgangsstufen auf«, sagt Gerd Kranzmann, Sprecher der Bielefelder Gymnasialdirektoren. »In diesem Jahr liegen 198 Anmeldungen vor.« Auch die Berufskollegs klagen über eine Schülerschwemme. In der Stadt konnten mehr als 400 Bewerber für den Handels- oder Fachschulzweig nicht versorgt werden.
In Herford musste das Ravensberger Gymnasium 38 Schüler abweisen. 128 wurden dort angemeldet, lediglich 90 Plätze standen zur Verfügung. Die Lösung: 23 Geschwisterkinder wurden aufgenommen, bei den übrigen Kandidaten entschied das Los. Gegen diese Regelung haben Eltern rechtliche Schritte angekündigt. Schulleiterin Rita Klötzer fordert zusätzliche Räumlichkeiten. Bislang ohne Erfolg. Die abgewiesenen Kinder wurden auf die übrigen Herforder Gymnasien verteilt.
Viele Realschüler drängen zudem an die Gymnasien. Die Zahl der Anmeldungen hat sich von 61 im Jahr 2004 auf 104 im Jahr 2005 erhöht. Zwar könnte noch die eine oder andere Doppelanmeldung in der Statistik auftauchen, generell sei dies aber ein Trend, erklärte Rainer Schweppe, Abteilungsleiter im Schulamt der Stadt Herford.
In Gütersloh bewegen sich die Anmeldezahlen auf konstant hohem Niveau. Wechselten im vergangenen Jahr 314 Grundschüler auf die beiden Gymnasien, werden es in diesem Sommer 326 sein. Nach Klasse zehn drängen 86 Jugendliche von den weiterführenden Schulen in die Oberstufen. »Abweisen müssen wir niemanden. Wir haben ausreichend Oberstufen in der Stadt«, erklärt der Gütersloher Schulamtsleiter Detlef Zumwinkel. Festzustellen sei auch in Gütersloh, dass Jugendliche ohne Ausbildungsplatz sich verstärkt an den Berufskollegs anmelden.
In Paderborn fanden dagegen alle Interessenten für Gymnasien einen Platz. Dafür sind dort die zwei Gesamtschulen total »überbucht«. Für 449 Bewerber gab es nur 311 Plätze.

Artikel vom 06.04.2005