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»Ich will Spaß haben«

Wie Chelsea-Chef Roman Abramowitsch Milliardär wurde

London (dpa). Finanziell ist das Champions-League-Viertelfinale zwischen dem FC Chelsea und dem FC Bayern München ein ungleiches Duell. Denn Geld spielt keine Rolle beim englischen Tabellenführer.
Es ist im Überfluss vorhanden - dank des geheimnisvollen Clubchefs Roman Abramowitsch. Auf der »Forbes«-Liste der reichsten Männer der Welt wird er mit einem geschätzten Vermögen von 10,2 Milliarden Euro auf Platz 21 geführt. Es könnten noch 450 Millionen Euro mehr sein, doch die hat der erst 38-jährige Russe in den vergangenen beiden Jahren in den FC Chelsea gepumpt.
Der unscheinbare Mann mit Dreitagebart und melancholischem Blick führt ein Jet-Set-Leben. Er besitzt eine eigene Boeing 767 mit Raketen-Abwehrsystem, zwei Hubschrauber mit vier Vollzeit-Piloten, drei jeweils 100 Millionen Euro teure Yachten, ein Schloss in Südfrankreich, Villen in London, St. Tropez und im südenglischen Fyning Hill. Er ist Gouverneur der russischen Provinz Tschukotka und sagt über sich selbst: »Ich bin reich, liebe den Fußball und will Spaß.« Dazu gehört: Titel mit Chelsea.
Doch so schillernd das scheint: Viel um ihn herum ist geheimnisvoll. »Wenn er bei uns in der Kabine sitzt, mit seinen Händen auf den Knien, würdest du denken, er ist der Putzmann«, hatte der ehemalige Chelsea-Verteidiger Celestine Babayaro einmal gesagt. Vor allem die Frage, wie der fünffache Familienvater zu seinem gigantischen Reichtum kam, kann niemand ganz genau beantworten. So viel ist klar: Er kannte die richtigen Leute, als Russlands Reichtümer privatisiert wurden. Der »Stern« nannte es einen »gigantischen Diebstahl, den Raubzug des 20. Jahrhunderts«.
Sein erstes Geld hat Abramowitsch offiziell mit dem Verkauf von Gummi-Enten verdient. Das Startkapital für den Einstieg ins Ölgeschäft soll er sich verschafft haben, als er 1992 einen Zug mit 55 Waggons Diesel umleiten ließ.
Dank seiner Freundschaft zu Tatjana, der Tochter des damaligen Präsidenten Boris Jelzin, hatte der Kaufmann hervorragende Kontakte zum Kreml. Sein größtes Geschäft: Zusammen mit dem Partner Boris Beresowski erwarb Abramowitsch 1995 für den damaligen Schnäppchenpreis von 100 Millionen Dollar den Ölkonzern Sibneft, der heute geschätzte 15 Milliarden Dollar wert ist.

Artikel vom 06.04.2005