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Botschaft wieder zurückgenommen

Die kirchliche Basis in Polen übte starken Druck auf Bischöfe aus


In der Zeit des Kalten Krieges zwischen West und Ost vertrat auf polnischer Seite auch Karol Wojtyla, der damalige Bischof von Krakau und spätere Papst Johannes Paul II., zunächst noch eine betont harte Haltung gegenüber den Deutschen als Verlierern des Zweiten Weltkrieges. Daran erinnert im folgenden ein Leser aus Halle/Westfalen:
Im November 1965 wurde von den polnischen Bischöfen - Karol Wojtyla war damals Erzbischof von Krakau - den deutschen Bischöfen eine sogenannte Versöhnungsbotschaft übergeben, in der sie Vergebung gewährten und um Vergebung baten. Diese Botschaft wird seitdem in Deutschland als beispielhaft für den Versöhnungswillen der polnischen Bischöfe gepriesen. Dass sie nur ein Vierteljahr später, unter dem Druck der kirchlichen Basis, wieder zurückgenommen wurde, ist hier in Deutschland aber so gut wie unbekannt geblieben.
Fast alle polnischen Bischöfe haben in Hirtenbriefen oder anderen Verlautbarungen dazu Stellung genommen. Ich beschränke mich auf die Wiedergabe von Karol Wojtyla vom 1. Februar 1966: »Die deutschen Bischöfe wurden (durch den Brief der polnischen Bischöfe) gezwungen, sich zur Schuld zu bekennen. Dies ist ein Ausdruck dessen, dass sich die Deutschen überhaupt zu den an der polnischen Nation begangenen Verbrechen bekannten. Dies hat niemand im Verlaufe der ganzen 20 Jahre geschafft...Ich kann mich mit der falsch verstandenen Interpretation des Wortes 'wir gewähren Vergebung' nicht einverstanden erklären...Die Botschaft hat in ihrem Kontext das Ziel, die Deutschen zum Eingeständnis von Schuld zu zwingen, wie der Beichtvater im Beichtstuhl. Das ist die Plattform, von der man den Text der Botschaft betrachten muss«.
BERNHARD KAISER33790 Halle

Artikel vom 12.05.2005