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»Jetzt ist der Papst wieder auf seinem Platz angekommen«

Zehntausende Menschen säumen den letzten Weg Johannes Pauls II.

Rom (dpa). Hier fuhr er mit seinem Papamobil durch die jubelnde Menge, hier wurde er angeschossen: Auch sein letzter Weg führte Papst Johannes Paul II. gestern über den Petersplatz.

Zehntausende Menschen versammelten sich in der Abenddämmerung zu einer bewegenden Prozession für »ihren Papst«, als dieser vom Apostolischen Palast zur Aufbahrung in den Petersdom gebracht wurde. Zur Zeremonie erklangen Glockengeläut und liturgische Gesänge. Zwölf Träger schulterten die Bahre mit dem Toten. Sie wurden begleitet von Schweizergardisten in ihren bunten Uniformen sowie zahlreichen Kardinälen und kirchlichen Würdenträgern. Zum Abschluss der Prozession wurde der Leichnam vor dem Hauptaltar aufgebahrt. Dort können die Gläubigen bis zur Beerdigung am Freitag Abschied von Johannes Paul II. nehmen.
Zunächst war der Leichnam in der Sala Clementina im Apostolischen Palast aufgebahrt gewesen. Dort konnten ihm bislang nur hohe Kirchenführer und Prominente die letzte Ehre erweisen. Von hier begann die feierliche Prozession durch lange Gänge und über Treppen im Vatikan. Als der Zug mit dem Toten im roten Messgewand den Petersplatz erreichte, brandete Beifall auf, in der Dämmerung stiegen Schwärme von Vögeln auf.
Unter den Gläubigen waren auch viele Menschen aus der polnischen Heimat des Papstes, die ihre Landesfahnen schwenkten. »Jetzt ist der Papst wieder auf seinem Platz angekommen, ich habe ihn hier so oft gesehen«, sagte eine ältere Frau. Während seiner 26 Amtsjahre hatte der Papst hier fast jeden Sonntag das Angelusgebet gesprochen. Hier hatte er zu Weihnachten und Ostern den Segen »Urbi et Orbi« (Der Stadt und dem Erdkreis) erteilt. Hier war er auch im Mai 1981 von Schüssen getroffen zusammengebrochen - und hatte schwerste Verletzungen wie durch ein Wunder überlebt.
Das Gesicht des Papstes wirkte still und friedlich, wie nach einem sanften Tod, als der Kirchenführer auf den Katafalk, das geschmückte Sarggerüst, vor dem Hauptaltar des Petersdomes gelegt wurde. Er trug den Bischofsstab in seiner Armbeuge, in seinen Händen lag ein Rosenkranz. Auch an dieser Stelle hatte der Papst zu seinen Lebzeiten oft gestanden und Messen zelebriert.
Jetzt schritt der Camerlengo (Kämmerer) des Vatikans, Kardinal Eduardo Martínez Somalo, bei einer Segnungszeremonie drei Mal feierlich um den aufgebahrten Leichnam. Er sprengte Weihwasser über den Toten und schwenkte das Weihrauchgefäß.
Seit gestern Abend an können Gläubige aus aller Welt dem Papst die letzte Ehre erweisen. Am Freitag wird er in den Grotten der Peterskirche unweit des Grabes von Petrus beigesetzt. Er soll an der Stelle seine letzte Ruhe finden, an der bis vor einigen Jahren Johannes XXIII. lag, der jetzt in einem gläsernen Sarg in der Basilika zu sehen ist.

Artikel vom 05.04.2005