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50 000 Internetnutzer betrogen

20 Millionen Euro Schaden - Paderborner wieder frei - Porsche-Auktion

Von Christian Althoff
Paderborn (WB). Mehr als 50 000 Internetnutzer sollen Opfer einer Bande geworden sein, die Computerbesitzern unbemerkt Einwählprogramme auf ihre Rechner gespielt hatte. Die Täter waren bereits im Januar aufgeflogen (wir berichteten), doch haben die Ermittler erst jetzt einen ersten Überblick über die Zahl der Geschädigten.

»Die meisten betroffenen Computerbesitzer ahnen vermutlich noch gar nicht, dass sie Opfer geworden sind«, sagte gestern der ermittelnde Staatsanwalt Jürgen Lewandrowski aus Osnabrück, der den bundesweit größten Fall von Dialer-Betrug aufgerollt hatte. Bislang seien nämlich erst etwas mehr als 200 Anzeigen bekanntgeworden. »Wir haben jedoch alleine von einem Internetanbieter Listen mit 850 000 Einwahldaten bekommen und gehen deshalb davon aus, dass die Zahl der Opfer mindestens im hohen fünfstelligen Bereich liegt.« Als Tatverdächtige gelten Computerexperte Jan A. aus Paderborn (25), Jörg H. (33) aus Meerbusch sowie Edward B. (29) aus Düsseldorf.
Internetnutzer, die unverfängliche Seiten angeklickt hatten, hatten sich dabei unbewusst ein Einwählprogramm (Dialer) der Täter auf den Computer geladen. Dieses Programm soll die Sicherheitseinstellungen der PCs geändert, unbemerkt eine kostenpflichtige 0190-Nummer angerufen und sich nach einiger Zeit selbst gelöscht haben. Einige Computerbesitzer schöpften erst Verdacht, als die nächste Telefonrechnung kam und pro Internetminute 1,86 Euro fällig wurden. »In einigen Fällen summierten sich die Kosten auf mehr als 1000 Euro«, sagte Lewandrowski. Der Gesamtschaden wird auf mehr als 20 Millionen Euro geschätzt, die jeweils zur Hälfte an die Tatverdächtigen und die Telefongesellschaften geflossen sein sollen. Dabei soll der Anteil des Paderborners, der für den technischen Part des Betruges verantwortlich sein soll, vergleichsweise gering gewesen sein. Jan A. war am 26. Januar festgenommen worden, ist aber inzwischen gegen Auflagen aus der Untersuchungshaft entlassen worden. »Er war zu einem geringeren Teil an dem Betrug beteiligt, als wir zunächst angenommen hatten, und hat erheblich zur Aufklärung der Tat beigetragen«, sagte der Staatsanwalt. Weiter in Haft sitzt dagegen der Krefelder. Der Düsseldorfer, der sich seit einigen Wochen im lettischen Riga aufhält, versucht, seine Auslieferung nach Deutschland zu verhindern.
Die Polizei will im Laufe dieser Woche im Internet (www.dialer-os.de.gg) die etwa 20 gebührenpflichtigen Telefonnummern veröffentlichen, die von den Tätern benutzt worden waren. »Wer eine der Nummern auf seinen alten Telefonrechnungen entdeckt, kann sich an die Kripo wenden«, sagte Lewandrowski. Er hatte bei den Verdächtigen Vermögenswerte beschlagnahmen lassen, damit Geschädigte ihre Ansprüche durchsetzen können. So wird derzeit der Porsche 996 Turbo des Paderborners Jan A. im Auftrag der Staatsanwaltschaft im Internet versteigert.www.zoll-auktion.de

Artikel vom 06.04.2005