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Auf große
Spannung
folgt der Frust

De Niro als undurchsichtiger Vater

Ein düsteres Geheimnis umgibt den New Yorker Psychologen David Callaway, der mit seiner kleinen Tochter Emily in ein abgelegenes Landhaus am Wald zieht: Davids Frau - Emilys Mutter - ist einem mysteriösen Selbstmord zum Opfer gefallen.

Der schreckliche Verlust hat das Mädchen hochgradig traumatisiert. Offenbar hofft der ebenfalls gezeichnete Vater, seiner Tochter in der neuen naturnahen Umgebung wieder Stabilität und Lebensmut vermitteln zu können. Doch Emily flüchtet sich mit ihrem imaginären Spielgefährten Charlie in dem düsteren Haus in eine Phantasiewelt, die auch dem mit seelischen Verwirrungen beruflich vertrauten Vater verschlossen bleibt.
So beginnt der Psychothriller »Hide and Seek - Du kannst dich nicht verstecken«, der heute in die Kinos kommt. Die elfjährige Dakota Fanning verkörpert das gestörte Kind Emily mit geradezu beängstigender Intensität. Fannings Spiel war schon in dem Kidnapperdrama »Man on Fire« sehenswert, als sie Denzel Washington zum Partner hatte.
Nun ist sie mit Robert De Niro, einem weiteren »Oscar«-Preisträger und einem der ganz Großen der Branche zu sehen. Und auch ihm ist Dakota Fanning eine gleichwertige Partnerin.
Lange Zeit ist der von John Polson inszenierte Film nach einem Drehbuch von Ari Schlossberg spannend, atmosphärisch ebenso bedrückend wie stimmig und schauspielerisch beeindruckend. »Hide and Seek« ist die englische Bezeichnung für Versteckspiel, also für das, was alle Kinder gerne tun. Für die Qualität eines Psychothrillers entscheidend ist, was sich in seiner Handlung versteckt, was am Ende enthüllt und entlarvt wird.
In dieser Beziehung ist der 100-minütige Film eine bittere Enttäuschung. Diese fällt um so größer aus, als »Hide and Seek« bis zum Finale gutes, manchmal sogar faszinierendes Spannungskino ist. Doch es stellt sich dann heraus: Regie und mehr noch das Drehbuch haben viel zu hoch gepokert, denn sie haben am Ende keinen einzigen Trumpf mehr in der Hand.
Konnte man das schreckliche Ende der sympathischen Hausfreundin, dargestellt von der mal wieder auf der Leinwand agierenden Elisabeth Shue, noch akzeptieren, so befällt den Zuschauer nach Aufdecken der letzten Karten arger Groll. Warum sich ein Star von Rang eines De Niro bereit erklärte, an diesem ärgerlichen Bluff mitzuwirken, wird sein Geheimnis bleiben.
Einer wie er muss sich gewiss nichts mehr beweisen, aber auch ein De Niro sollte seinen überragenden Ruf nicht mindern mit Machwerken, die vertrauensvolle Kinogänger mit abgeschmackten Tätermotivationen und Täuschungsmanövern an der Nase durch den Ring ziehen wollen.

Artikel vom 07.04.2005