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Arme und Beine hoch im Erzählcafé

Fröhliche und sportlich aktive Hannelore Potechius sorgte für Stimmung

Brackwede (ho). Gemütlicher Plausch bei Kaffe und Kuchen? Von wegen! Brackwedes Erzählcafé wurde erstmalig zur Gymnastikstunde. »Schuld« daran war Hannelore Potechius. Die ehemalige Sportlehrerin animierte mit ihrer fröhlichen Art die Besucher zum Mit- und Nachmachen bei gymnastischen Übungen.Die Arme hoch und wieder runter: bei Gymnastikübungen im Erzählcafe hatten alle ihren Spaß.

Als das Lied von Udo Jürgens »Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an« erklang, fanden die meisten Besucher den Auftakt der montäglichen Plauderstunde zwar stimmungsvoll und ungewöhnlich, ahnten aber noch nicht, dass sie im Laufe des Nachmittags aktiv gefordert werden sollten. Hannelore Potechius (65) berichtete von ihrem Pensionärsdasein, besser gesagt, von ihrem Unruhestand. Und der beinhaltet auch viele sportliche Aktivitäten. »Mit Schwung ins Rentenalter« beschrieb die ehemaligen Sportlehrerin am Ratsgymnasium denn auch ihren neuen Lebensabschnitt. »Nur im Sessel sitzen und auf die Wehwehchen zu hören, ist nicht mein Ding«.
Die aus Straussberg bei Berlin stammende Pädagogin, vor zwei Jahren schon einmal zu Gast im Erzählcafé, zeigte sich denn auch »als lebendiges Beispiel dafür, dass man auch im Alter lustvoll leben kann«. Allein ihre sportliche Begeisterung teilt der Ehemann nicht. »Der lebt lieber nach dem Motto »No Sports«, verriet die agile Unruheständlerin. »Unser Leben lief ohnehin »verkehrt« herum. Er war sein Leben lang Hausmann, ich habe mit meinem Beruf das Geld verdient. Dafür kann ich absolut nicht kochen«. Ihre Aktivitäten genießt Hannelore Potechius um so mehr, »weil ich alles freiwillig und nicht mehr unter Zwang mache. Diese wieder gewonnene Freiheit ist gar nicht hoch genug einzuschätzen«. Der Ruhestand gelinge nur, wenn man sich rechtzeitig und richtig darauf vorbereite. »Viele fallen in ein schwarzes Loch, wenn es den Beruf plötzlich nicht mehr gibt«. Nicht so Hannelore Potechius, die »als sonnenhungriger Mensch« zunächst unseren Schattengarten gegen einen Sonnengarten« tauschte.
Den Kontakt zur Schule ließ sie niemals abreißen. »Die Schülerinnen und Schüler haben mich immer wieder gebeten, doch wieder her zu kommen«. Offiziell ging das zwar nicht, doch Hannelore Potechius ist im Kollegium als Aufsichtskraft immer noch gern gesehen. Und so hat sie sich jeden Freitag für die Schule reserviert. Und auch im Schullandheim auf Langeoog ist sie gern gesehener Gast, organisiert dort Freizeiten und Hockey-Kurse. Legendär ihr Trainingsanzug, in dem sie zum Schulunterricht erschien. »Als ich bei meiner Verabschiedung dann ein tolles Kleid getragen habe, erkannten mich die Kollegen kaum wieder«.
Und auch »ein bisschen Funktionärstätigkeit« übt sie noch aus. Als Übungsleiterin hat das Mitglied der Bielefelder Turngemeinde mehr als 1 000 Übungsleiter ausgebildet, ist im Vorstand ihres Heimatsportvereins und gehört dem Ausschuss für Schulsport an. Verblüfft waren die Erzählcafe-Besucher, als sie hörten, dass die aktive Tischtennissportlerin »im hohen Alter« noch Tennisspielen gelernt hat, auch in diesem Jahr wieder am Hermannslauf teilnehmen wird. »Frauen sind ohnehin viel aktiver als Männer«, bilanzierte die 65-Jährige ihren sportlichen Unruhestand. Reisen und Lesen sind zudem »große Leidenschaften«. Und auch Rad fahren macht ihr ungeheuren Spaß. Herzenswunsch in diesem Jahr: eine Radtour von Passau nach Wien.

Artikel vom 06.04.2005