05.04.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Webers ungeahnte Emotionen

»Dummheit und Naivität«: VfB Fichtes Trainer rüttelt seine Truppe wach

Von Werner Jöstingmeyer
Bielefeld (WB). Als er kam hatte VfB Fichte gerade mal vier Punkte auf dem Konto. Und die »Hüpker« dümpelten nach zehn Spieltagen scheinbar aussichtlos auf dem letzten Tabellenplatz der Oberliga. Der neue Trainer Dr. Jörg Weber hauchte dem Schlusslicht neues Leben ein und führte es im Sauseschritt aus der Abstiegszone.

Neun Mal in Folge blieb das Team von der Rußheide unter seiner Regie ungeschlagen und bezwang u.a. den ambitionierten SC Verl mit 1:0. Selbst der Rückrundenstart bei Eintracht Rheine verlief mit dem 2:0-Erfolg recht verheißungsvoll. Nach nunmehr 23 von insgesamt 34 Pflichtspielen hat der »Verschmelzungsklub« als Tabellenzwölfter 26 Punkte auf dem Konto. Doch Dr. Jörg Weber mahnt zur Vorsicht. »Wenn wir so weiter spielen, wird das noch mal eine ganze enge Kiste.«
Erste Anzeichen für ein schlechtes Defensivverhalten erkannte er vor 14 Tagen, als die »Hüpker« gegen den souveränen Spitzenreiter VfL Bochum Amateure nach einer grandiosen Leistung zur Pause mit 3:0 führten, aber in Abschnitt zwei gleich vier Tore kassierten und dem Primus mit 3:4 unterlagen. Auch beim nachfolgenden 2:2 gegen SV Schermbeck rissen die Platzherren keine Bäume aus, obwohl nach einem 1:2-Rückstand zumindest die kämpferische Qualität stimmte. So richtig zufrieden war der Trainer aber nicht, wenngleich er am vergangenen Donnerstag Abend noch moderate Töne anschlug: »Ich kann mit dem einen Punkt leben. Die Mannschaft hat in der letzten halben Stunde gefightet.«
Sonntag platzte ihm allerdings der Kragen. Die völlig unnötige 0:1-Niederlage gegen Kellerkind SF Siegen II setzte bei »Jockel« Weber ungeahnte Emotionen frei. Wegen Dummheit und Naivität sei seine Mannschaft bestraft worden, schimpfte er und forderte: »Das Verhalten einiger Spieler muss sich radikal ändern.«
In der Tat wirkt die Defensive längst nicht mehr so souverän, wie das noch vor wenigen Wochen der Fall war. Quer- und Pressschläge sind derzeit an der Tagesordnung. Anstatt sich aufs eigene Abwehrverhalten zu konzentrieren, sucht man die Schuld immer häufiger beim Schiedsrichter. Die Folge sind unnötige gelbe Karten. Vergessen ist zudem das genaue Passspiel, um einen geordneten Spielaufbau betreiben zu können. Statt dessen heißt es »lang Holz« aus dem hinteren Abwehrbereich. Und diese Bälle kommen oft genug postwendend zurück.
Uns fehlen vorne lange Kerls, die mit dem Kopf das Leder auch mal ablegen können«, stellte Trainer Jörg Weber fest. Einer der es könnte, saß 90 Minuten auf der Ersatzbank. Der lange Mark Sawkill kam gegen Siegen nicht zum Einsatz. »Er hat Trainingsdefizite«, begründete der VfB Fichte-Coach den Verzicht.
Sonntag mussen sich die »Hüpker« insgesamt erheblich steigern, wenn sie im Gütersloher Heidewald bestehen wollen. Fest steht schon jetzt, dass sich die Gastgeber bei ihrem zukünftigen Trainer empfehlen wollen.

Artikel vom 05.04.2005