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Von trauriger Aktualität

Beethovens »Fidelio« hat Premiere am Theater Bielefeld

Bielefeld (uj). Drei Fassungen, vier Ouvertüren und fehlende metronomische Angaben -Êstellt Beethovens einzige Oper »Fidelio« Dirigenten, Regisseure und Bühnenbildner ohnehin schon vor erschwerte interpretatorische Fragen und Möglichkeiten, so setzt man am Theater Bielefeld noch eins drauf.

Regisseur Alexander Schulin, der erstmals in Bielefeld inszeniert, hat sich für eine um Textteile und Schauspielerin erweiterte Fassung entschieden, die in deutscher Erstaufführung gegeben wird. Es handelt sich um einen Text des arabischen Kulturwissenschaftlichera Eward Said, der eigens für eine Inszenierung des 1998 eröffneten Symphony Center Chicago entstand. Daniel Barenboim hatte die musikalische Leitung inne und Alexander Schulin führte Regie. Zwar beteuert Schulin, die Inszenierung nicht eins-zu-eins übernommen zu haben, gleichwohl wird die Geschichte der Oper aus der Erinnerung einer gealterten Eleonore erzählt, die von der Dortmunder Schauspielerin Helga Uthmann gespielt wird.
So spielgelt sich laut Ausssage von Bühnenbildnerin Sandra Meurer auch der Zeitfaktor im Bühnenbild wider. Ansonsten schuf Meurer einen bürokratischen Raum, der andeutet, dass Menschen wie Nummern behandelt und weggesperrt werden. Dramaturg Roland Quitt verweist auf den aktuellen Charakter des Werks: »Es ist ein Stück über politische Gefangene.« Und rein assoziativ, so Meurer, wird auf aktuelle Ereignisse Bezug genommen.
Bei der Frage nach der Wahl der Ouvertüre geht Bielefelds neuer erster Kapellmeister, Kevin John Edusei, neue Wege. Der 29-Jährige, der mit Fidelio in Bielefeld sein Debüt gibt, hat sich für die zweite Eleonoren-Ouvertüre entschieden. »Die ist doppelt so lang wie die Fidelio-Ouvertüre und viel kantiger, schroffer und damit dramatischer«, rechtfertigt Edusei seine Wahl. Zudem greift sie Motive aus den Arien auf und verleiht dem Werk somit eine musikalische Klammer.
Edusei bevorzugt zudem einen schlanken Orchesterklang, der sich an der historischen Aufführungspraxis sowie rekonstruierten Tempovorstellungen Beethovens orientiert.
Die Premiere findet am Sonntag, 10. April, statt und beginnt um 18 Uhr in der Oetkerhalle. Die Rolle der Leonore singt Kirsten Blanck. Norbert Schmittberg ist als Florestan zu erleben. Alexandre Vassiliev singt den Pizarro, Hans Griepentrog den Rocco und Cornelie Isenbürger die Marzelline.

Artikel vom 05.04.2005