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Kunst hilft, sich selbst besser zu erfahren

Corveyer Musikwochen vom 7. Mai bis zum 26. Juni - »Dynamische Orientierung«

Von Wolfgang Braun
Höxter (WB). Die Förderung des künstlerischen Nachwuchses, die Präsentation großer Meister und Interpreten und die Verbindung zwischen Tradition und Innovation sind die drei Säulen, auf denen auch die 51. Corveyer Musikwochen vom Samstag, 7. Mai, bis Sonntag, 26. Juni, ruhen. Das erläuterte Dr. Stephan Barthelmess, Geschäftsführer des Kulturkreises Höxter Corvey, gestern in einem Pressegespräch zum Programm der Musikwochen.

Er zeigte sich erfreut darüber, dass die Jubiläums-Musikwochen im vergangen Jahr unter der künstlerischen Leitung von Rudolf Werthen 40 Prozent mehr Gäste hatten als das Festival im Jahr zuvor. Im Beisein von Erbprinz Viktor von Ratibor und Corvey - das Haus Corvey ist neben dem Kreis und der Stadt Höxter Gesellschafter des Kulturkreises - würdigte Barthelmess die Musikwochen mit ihrer weiten überregionale Ausstrahlung als ein sehr gelungenes Beispiel für das Modell Private-Public-Partnership, für Projekte also, die gemeinsam von privaten und öffentlichen Partnern getragen werden.
Prinz Viktor gratulierte Barthelmess zu dem letztjährigen Erfolg und die gelungene Neuausrichtung des Festivals und ermutigte ihn ausdrücklich der »jungen, dynamischen, experimentierfreudigen« Orientierung treu zu bleiben.
Für den künstlerischen Leiter Rudolf Werthen, ist die Auseinandersetzung mit Kunst kein Konsum. »Sie ist keine Dekoration, in dem es nur um bekannte Komponisten geht. Sondern Musik dient dazu, sich selbst durch die mit mit ihr verbundenen Empfindungen besser kennen zu lernen.«
In diesem Sinne zitierte der Komponist Professor Dr. Walter Steffes den großen »musikalischen Rhetoriker« Beethoven, der für die Wirkung seiner Musik wünschte, »vom Herzen möge es zu Herzen gehen«.
Steffens hat für das Konzert am 8. Mai, das dem Gedenken des Kriegsende vor 60 Jahren gewidmet ist, ein »Anrufung« komponiert, die seine Komposition für Bratsche und Orchester »Guernica« gewissermaßen einrahmt. »Guernica« erinnert an die Zerstörung der gleichnamigen baskischen Stadt durch deutsche und italienische Bomber im spanischen Bürgerkrieg am 26. April 1937. Es gilt als der eigentliche Beginn des 2. Weltkriegs. In seiner »Anrufung«, die am 3. Mai uraufgeführt wird, bezieht sich Steffens auf eine Inschrift in der Corveyer Abteikirche, in der es sinngemäß heißt, Gott möge die Stadt mit seinen Engeln behüten. Steffens, der sich als gläubiger Christ bekennt, weiß: »Es geschehen fürchterliche Dinge in der Welt, Gebete werden nicht erhört, aber ich habe trotzdem Vertrauen zu Gott.«
Die Aufführung von Beethovens 9. Symphonie mit seiner Vertonung von Schillers »Lied an die Freude«, der am 9. Mai 2005 200 Todestag hat, setzt einen Kontrast zu »Guernica«, das den Bombenterror erfahrbar macht: Der Chor des letzten Satzes ist bekanntlich Grundlage der Europahymne. So wird ein Bogen vom Krieg zur europäischen Einigung der Nachkriegszeit gespannt.
»Erinnerung und Vision« heißt das Motto des diesjährigen Musikfestivals in Corvey. In zehn Konzerten mit namhaften Ensembles wie dem Hillard Ensemble, I Musici Fiammingi, dem Modern String Quartett, den Pianisten Cyprien Katsaris und Leon Bates sowie dem Bariton Konrad Jarnot wird eine große Palette von Werken großer Meister von der Renaissance bis zur Jetztzeit aufgefächert. Ein Höhepunkt wird wieder das Wandelkonzert mit seiner experimentellen Verknüpfung von Klang und Raum sein.
www.schloss-corvey.de

Artikel vom 07.04.2005