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Großer Mann des Friedens:
Papst Johannes Paul II.

Die Welt nimmt Abschied - Millionen Menschen rund um den Erdball trauern

Rom (dpa). Ende einer Ära, Abschied und Neubeginn: Nach dem Tod von Papst Johannes Paul II. trauern Millionen Menschen rund um den Erdball. Das Kirchenoberhaupt war am Samstagabend im Vatikan nach langem Todeskampf im Alter von 84 Jahren gestorben.

Politiker und Repräsentanten der Weltreligionen würdigten den Papst aus Polen gestern als Mann des Friedens und »großen spirituellen Führer«. Zu den Trauerfeiern in dieser Woche in Rom werden bis zu zwei Millionen Menschen erwartet. Im Vatikan laufen die Vorbereitungen für die Wahl eines neuen Papstes. Spekulationen um die Nachfolge haben begonnen.
Johannes Paul war nach mehr als 26 Amtsjahren am Samstagabend um 21.37 Uhr in seinen Gemächern über dem Petersplatz gestorben. Sein einbalsamierter Leichnam wurde gestern in den Räumen des Vatikans aufgebahrt. In einer bewegenden Trauerfeier auf dem Petersplatz sagte Kurienkardinal Angelo Sodano vor mehr als 130 000 Menschen: »Unserem unvergesslichen Vater sagen wir hier - unter dem Haus, in dem er ruht, dass ihn die Engel ins Paradies führen werden.«
Zahlreiche Kardinäle und italienische Spitzenpolitiker erwiesen dem Toten in der Sala Clementina die letzte Ehre. Der mehr als 26 Jahre regierende Pontifex war mit Mitra und Bischofsstab aufgebahrt. Voraussichtlich heute soll der Leichnam in den Petersdom gebracht werden, wo Gläubige aus aller Welt von ihm Abschied nehmen können.
Heute wird auch erstmals die Kardinalskongregation zusammentreten, die die römisch-katholische Kirche in der Übergangsphase provisorisch leitet. Die Kongregation mit den höchsten Würdenträgern der Kirche hat unter anderem zu bestimmen, wann der Papst beerdigt wird. Dies werde vermutlich nicht vor Donnerstag geschehen, hieß es in Rom.
Danach konzentriert sich die Führung der Weltkirche auf die Wahl eines neuen Papstes nach uraltem Ritual. Diese Wahl muss 15 bis 20 Tage nach dem Tod beginnen. Dazu hat der deutsche Kardinal Joseph Ratzinger, einer der starken Männer dieser Stunde im Vatikan, bereits die 117 wahlberechtigten Kardinäle aus aller Welt nach Rom berufen.
Der schwer kranke Pontifex war am Samstagabend in den päpstlichen Gemächern im Vatikan seinen Leiden erlegen, wie der Kirchenstaat bekannt gab. Italienische Medien berichteten, sein letztes Wort sei »Amen« gewesen. Nach den Worten von Vatikansprecher Joaquín Navarro-Valls starb er im Beisein seiner engsten Vertrauten. Diese hätten noch eineinhalb Stunden vor dem Tod eine Messe am Sterbebett gelesen.
Dann habe der Papst nochmals das Sterbesakrament erhalten. Währenddessen hatten Zehntausende Gläubige auf dem Petersplatz ausgeharrt und für den Heiligen Vater gebetet. Unter den letzten Besuchern am Sterbebett waren auch Ratzinger und weitere Kurienkardinäle.
Bereits unmittelbar nach Bekanntgabe des Todes von Johannes Paul II. kamen Hunderttausende Menschen überall auf dem Erdball zusammen, um zu beten. Auch in zahlreichen deutschen Städten läuteten die Glocken, die Flaggen wurden gestern auf Halbmast gesetzt. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) würdigte den Papst für sein »unermüdliches Eintreten für den Frieden, für Menschenrechte, Solidarität und soziale Gerechtigkeit«.
Bundespräsident Horst Köhler hob hervor, »mit welcher Entschlossenheit, Konsequenz und mit welch diplomatischen Geschick Johannes Paul II. die Freiheitsbewegung in Osteuropa inspiriert und begleitet hat«. Die deutsche Einheit habe er von Anfang an begrüßt. »Unvergessen ist sein Gang durch das offene Brandenburger Tor 1996.« Der Papst habe sich unermüdlich um die Verständigung zwischen den Religionen bemüht. »Ebenso unermüdlich galt sein Einsatz dem Frieden unter den Menschen und Völkern.
In Italien und fast allen Staaten Lateinamerikas, selbst im kommunistischen Kuba wurde Staatstrauer ausgerufen. In Polen, dem Geburtsland des Papstes, trauerten viele Hunderttausend Gläubige.
US-Präsident George W. Bush nannte den Papst einen »Vorkämpfer der menschlichen Würde und Freiheit«. Sein Vorgänger Bill Clinton würdigte ihn als »Leuchtfeuer« für alle Menschen - über alle Glaubensgrenzen hinweg.

Artikel vom 04.04.2005