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Erinnerungen an Begegnungen
mit dem Heiligen Vater bleiben

Gläubige beten im Paderborner Dom - Trauerfeier auf dem Petersplatz

Paderborn/Rom (WB). In die Trauer über den Tod von Papst Johannes Paul II. mischte sich in Paderborn die Erinnerung an viele unvergessliche Begegnungen mit dem Heiligen Vater. Den Menschen noch lebhaft vor Augen ist vor allem sein Besuch im Jahre 1996, aber auch viele Audienzen in Rom.

So kamen am späten Samstagabend nach dem Geläut der Totenglocke und den Nachrichten im Fernsehen hunderte von Gläubigen in den Hohen Dom.
In Gebeten und Liedern, die in der Liturgie für Verstorbene »gerne gebetet und gesungen werden, weil sie uns Trost spenden«, gedachte Erzbischof Hans-Josef Becker zusammen mit den vielen Menschen des Verstorbenen. Das Lied »Wir sind nur Gast auf Erden« von Georg Thurmair eröffnete das Totengebet. Die Gläubigen stimmten auch in das alte Marienlied »Freu dich, du Himmelskönigin« mit ein. Becker beteteÊmehrere Gesetze des Glorreichen Rosenkranzes.
Nach dem Totengebet blieben viele Gläubige noch lange im Dom undÊverharrten stillÊvor der Bronzeplastik des Papstes, die an seinen Besuch in Paderborn erinnert. Dort liegt seit gestern auch ein Kondolenzbuch aus, in das sich die Trauernden eintragen können. Viele haben Tränen in den Augen, wenn sie ihren Namen schreiben.
In seinem Nachruf nannte Erzbischof Becker den verstorbenen Papst einen Menschen, dessen unerschöpfliche Lebensenergie, Glaubenskraft und Glaubensfreude vielen Gläubigen in der Weltkirche Stütze, Hilfe und Trost gewesen seien.
Becker: »Er reißt schmerzvoll eine große Lücke in Kirche und Welt, hat er doch durch sein jahrzehntelanges Wirken das Gesicht der katholischen Kirche geprägt wie kein zweiter.
Fast alle Menschen der jungen Generation haben keinen anderen Papst kennengelernt als Johannes Paul II. und verbinden das Profil unserer Kirche mit seiner beeindruckenden Persönlichkeit. Für viele Menschen war und bleibt er Ýder PapstÜ schlechthin. Eines steht fest: Papst Johannes Paul II. wird uns in vielerlei Hinsicht fehlen!«
Als eine unüberhörbare »Stimme des Gewissens« hat der Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Alfred Buß, gestern in Bielefeld Papst Johannes Paul II. gewürdigt. »Besonders eindrücklich sind mir noch die Worte im Ohr, mit denen er sich bei Ausbruch des letzten Irakkriegs für die friedliche Beilegung des Konflikts eingesetzt hat«, sagte Buß. Der Papst habe sich bei der Verfolgung seiner Anliegen nicht von seinen schwindenden eigenen Kräften beirren lassen.
Der Leichnam von Papst Johannes Paul II. ist gestern in den Räumen des Vatikans aufgebahrt worden. Zahlreiche Kardinäle, hohe Kirchenführer und Spitzenpolitiker erwiesen dem Toten in der Sala Clementina im Apostolischen Palast die letzte Ehre. Auch der italienische Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi und Regierungschef Silvio Berlusconi waren anwesend. Der im Alter von 84 Jahren gestorbene Pontifex war in seinen Amtsgewändern mit Mitra und Bischofsstab aufgebahrt.
Zuvor hatten gestern mehr als 130 000 Menschen aus der ganzen Welt in einer bewegenden Trauerfeier auf dem Petersplatz des Oberhauptes der katholischen Kirche gedacht. Die feierliche Messe wurde von Kurienkardinal Angelo Sodano zelebriert.
Zwölf Stunden zuvor war Johannes Paul II. in seinen Privatgemächern im Vatikan seinen Leiden erlegen. »Unserem unvergesslichen Vater sagen wir hier - unter dem Haus, in dem er ruht, dass ihn die Engel ins Paradies führen werden«, sagte Sodano sichtlich ergriffen.
Zahlreiche Gläubige kämpften auf dem weiten Platz mit den Tränen. Alle hohen Politiker Italiens waren zu der Feier gekommen. »Er ist der neue gute Samariter auf den Straßen der Welt«, sagte Sodano. Mehrmals wurde seine Predigt vom Applaus der Gläubigen unterbrochen.
Der Papst war am Samstagabend um 21.37 Uhr in seinen Gemächern über dem Petersplatz gestorben. Nach den Worten von Vatikan-Sprecher Joaquin Navarro-Valls soll der Leichnam voraussichtlich heute um 17 Uhr zur Aufbahrung in den Petersdom gebracht werden. Dort können dann Gläubige aus aller Welt Abschied nehmen.
Alle italienischen Fernseh-Kanäle übertrugen die Messe am sogenannten Barmherzigkeitssonntag live vom Petersplatz. In dieser Stunde verwandele sich der Schmerz der Menschen auch in »tiefe Heiterkeit«, sagte Sodano vor den Gläubigen. Er selbst sei am Krankenbett des Papstes Zeuge dieser Heiterkeit geworden, »der Heiterkeit der Heiligen«.

Artikel vom 04.04.2005