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Leitartikel
Auftrag und Anspruch

Wie ist sie,
unsere Welt
»danach«?


Von Rolf Dressler
Was für eine Welt hat Johannes Paul II. verlassen? Und wenn nun zumindest größeren Teilen der Menschheit bewusst wird, worauf - aus dem Innersten heraus - sein geistiges und geistliches Denken und Trachten gerichtet war: Welche bleibenden Folgerungen werden die heutigen und die künftigen Generationen aus dem Wirken gerade dieses ganz außergewöhnliches Papstes ziehen?
Das eigene jahrzehntelange Erleben führte Johannes Paul II., mit bürgerlichem Herkunftsnamen Karol Wojtyla, auch an viele prägende Leidensstationen.
Doch gerade dadurch fühlte er sich offenbar nur noch umso mehr in seinen Glaubensüberzeugungen bestärkt. Daraus schöpfte er bis zuletzt immer aufs Neue die Kraft, den eigenen hohen ethisch-moralischen Anspruch so weit wie irgend möglich zu erfüllen.
Johannes Paul II. faszinierte vor allem auch deshalb ungezählte Menschen innerhalb und außerhalb der katholischen Weltkirche, weil er auf unverwechselbare Weise das vorlebte, was er als seinen Verkündigungsauftrag verstand. Das ist ein unschätzbares Verdienst - und das zentrale Vermächtnis an eine Welt, in der Verheißung und Heil nach wie vor im Widerstreit liegen mit der Heil- losigkeit. Johannes Paul II. verkörperte leibhaftig die Auflehnung gegen den allgegenwärtigen Anti-Christen und dessen teuflische Handlanger in Menschengestalt.
Es muss ihn mit Schmerz erfüllt haben, dass sogar das neue Groß-Europa schon wieder auf Irrwegen wandelt. Denn wenn es meint, auf den Gottesbezug in der EU-Verfassung verzichten zu können, kann man fast problemlos und ungestraft Kesseltreiben sogar gegen Christen lostreten, nur weil diese es wagen, ihren christlichen Glaubensüberzeugungen öffentlich Ausdruck zu geben.
Wer angeblich einzig wahre »li- berale« Ansichten gegen angeblich abträgliche, weil rückwärtsgewandte christliche Auffassungen ausspielt, bringt Europas christliche Wurzeln ins Wanken, fördert Gesinnungsschnüffelei und Gesinnungsterror und leistet damit schleichender Freiheitsfeindlichkeit Vorschub.
In einem solchen Umfeld wurde der (Achtung!) »erzkatholische« EU-Justizkommissar Rocco Buttiglione in die Knie gezwungen. Und wer weiß, wie vielen »modernen« Anti-Christen und Verweigerern der Eidesformel »So wahr mir Gott helfe« es ein Dorn im Auge war, dass der neue ukranische Präsident Viktor Ju- schtschenko mit der Hand auf einer Bibel den Amtseid ablegte?
Auch an dem Tag, an dem sich der Lebenskreis von Papst Johannes Paul II. schloss, waren ganze Zeitungsseiten wiederum voller Schlagzeilen wie dieser: »Den Haag urteilt über Massenverbrechen im Sudan«, »Polizeichef im Irak ermordet«, »Kanadische Fotoreporterin im Iran gefoltert, vergewaltigt und in der Haft verstorben« usw., usw.
Unsere Welt, großartig und bizarr zugleich, wird wohl noch lange bleiben, wie sie war und ist.
Was die Menschheit an Johannes Paul II. gehabt hat, empfinden in der Trauer Abermillionen. Anderen wird es später bewusst werden, wieder anderen wohl nie.

Artikel vom 04.04.2005