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»Morgens stand Jesus am Ufer«

Mitgefühl in den Stunden des Todes : Bielefelds Katholiken beten für den Papst

Von Matthias Meyer zur Heyde
Bielefeld (WB). Die heimischen Katholiken haben dem Papst in seinem letzten Kampf zur Seite gestanden. In den Messen, aber auch in den von Laien gestalteten Gebetskreisen und zu Hause beteten sie für Johannes Paul II.

»Bereits in früheren Wochen und Monaten, wenn es akuten Anlass zur Sorge gab, wurde der Papst in die Gebeten eingeschlossen«, sagt Peter Schäfer, Pfarrvikar in St.Pius. In diesen schweren Stunden rückt der Todkranke, »der jeden von uns etwas angeht«, ganz selbstverständlich in den Mittelpunkt der religiösen Zusammenkünfte, so auch in den morgendlichen Laudes in St.Jodokus.
Von Personenkult ist diese Haltung meilenweit entfernt. »Wir bitten häufig für andere Menschen, wenn besondere Anlässe vorliegen - beispielsweise anlässlich der Flut in Asien«, erläutert Schäfer die Haltung der Gläubigen
»Die Gemeindemitglieder bekunden in Gesprächen Respekt, mit welcher Würde der Papst seine Krankheit ertragen hat«, sagt Markus Jacobs, Pfarrer in Heilig Geist (Dornberg). »Alle wissen, dass hier ein Mensch den letzten Abschnitt auf seinem Weg zu Gott erreicht hat.« Viele Gläubige empfänden es als besondere Gnade, wenn der Pontifex in den nachösterlichen Tagen sterben dürfe, in denen der Gedanke an das ewige Leben besonders präsent ist. Der Freitagsgottesdienst in der Heilig-Geist-Kirche stand unter dem Wort »Als es schon Morgen wurde, stand Jesus am Ufer« (Joh.21,4).
Sondergottesdienste wird es nicht geben, aber beim Eintreffen der Todesnachricht werden die Glocken läuten. »Unsere größte, mit tiefsten, tragenden Ton trägt den Namen ÝHalleluja - neues Leben!Ü; sie wird alleine läuten«, sagt Jacobs. »Und seien Sie sicher: Überall, wo Glocken klingen, finden Sie eine offene Kirchentür.«
»In der Konfrontation der Öffentlichkeit mit seinen Gebrechen ist dieser Papst sicherlich einen sehr persönlichen Weg gegangen«, erklärt Jacobs. »Darin war er ganz er selbst, ganz echt und authentisch, und ich kann diesen Entschluss gut annehmen.«
Im Pfarramt der Heilig-Geist-Kirche an der Spandauer Allee hängen auch Bilder von einem ganz besonderen Ereignis: »Anfang 1986, etwa ein halbes Jahr, bevor ich Diakon wurde, ist unser Weihekurs nach Rom gereist«, erinnert sich Pfarrer Dr. Dr. Markus Jacobs. »Dort gewährte uns der Papst eine Audienz in seinen Privaträumen, und in den frühen Morgenstunden haben wir gemeinsam eine Heilige Messe gefeiert.«
Bei dieser Gelegenheit - Fotos von damals beweisen es - griff Jacobs zur Gitarre, um die frohe Botschaft musikalisch zu begleiten. Inzwischen sind die angehenden Geistlichen von vor 19 Jahren in Amt und Würden, aber außer Jacobs führte der Beruf einen weiteren Pfarrer nach Bielefeld, und zwar in die St.Joseph-Gemeinde: Bernhard Haaken ist heute auch als Polizei- und Feuerwehrpfarrer am Teuto tätig.
»Die Audienz im Vatikan war natürlich ein Höhepunkt in unserer jungen Laufbahn«, sagt Pfarrer Jacobs. »Ich erinnere mich noch genau, wie sich der Papst mir zuwandte und meine Hand zum Willkommen ergriff.«

Artikel vom 02.04.2005