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Mit nicht
nachlassender
Spannkraft

Benefizkonzert in der Marienkirche

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Völkerverständigung, Begabtenförderung und soziales Engagement - wer kann schon von sich behaupten, all dies unter einen Hut zu bringen? Die Internationale junge Orchester-Akademie, auch bekannt als Orchester des Bayreuther Osterfestivals, vereint sämtliche Eigenschaften und hinterließ darüber hinaus beim Gastspiel in der Neustädter Marienkirche einen ausgezeichneten Eindruck.

Das Orchester wurde 1994 unter Mitwirkung von August Everding gegründet. Es setzt sich aus international ausgewählten Meisterschülern, Musikstudenten und Preisträgern zusammen, die einmal jährlich zusammenkommen, um unter Anleitung renommierter Orchestermusiker und Professoren einen Klangkörper zu formen. Anschließend gehen die jungen Musiker auf Tournee und spielen zugunsten krebs- und schwerstkranker Kinder. Die Einnahmen aus den Konzerten werden stets lokalen Einrichtungen zur Verfügung gestellt, so dass der Erlös in Bielefeld der Kinderklinik in Bethel zugute kommt. Als Kooperationspartner und Finanzier zeichnete zudem die Deutsche Bank und Deutsche-Bank-Stiftung verantwortlich.
106 Musiker aus 23 Nationen waren es, die rund 300 Zuhörern am Donnerstagabend in der Neustädter Marienkirche einen besonderen Musikgenuss bescherten. Dabei kann man wegen des enormen Nachhalls des Kirchenschiffs sinfonischen Konzerten gegenüber sehr wohl eine skeptische Einstellung einnehmen. Doch mit Miguel Gomez-Martinez war ein umsichtiger und charismatischer Dirigent bestellt, der auf die hinderlichen akustischen Bedingungen sowohl zu reagieren wusste als auch den störenden Nachhall fast vergessen machte.
Dies insbesondere im zweiten Programmteil, der mit Bruckners Vierter Sinfonie architektonische Weitläufigkeit, entfesselte Naturgewalten und dramatischen Kontrastreichtum bereithielt. Gomez-Martinez setzte auf differenzierte Ausdeutung, ohne die großformale Anlage aus den Augen zu verlieren. Unter seinem Dirigat pulsierte das Orchester und entfesselte über sämtliche Sätze eine nicht nachlassende Spannkraft, wie sie nur selten anzutreffen ist.
Hornruf und Streichermelos beschworen zu Beginn eine romantische Atmosphäre, wobei Hörner und später hinzutretendes Blech mit bemerkenswerter Intonationsreinheit aufspielten. Mit nicht nachlassender rhythmischer Impulskraft ließ Gomez-Martinez unablässig Steigerungsbögen kreieren und Melodisches zu Monumentalem organisch wachsen. Das alles wurde von den Musikern mit atemberaubender Präzision und Leichtigkeit vollführt.
Eröffnet wurde mit Mozarts Violinkonzert in A-Dur, pointiert und tänzelnd dargeboten vom Orchester und mit geschmeidigem Vibratoton von Georgi Jaschwili an der Solovioline unterlegt. Mit nicht enden wollendendem, tosendem Applaus quittierte ein restlos begeistertes Publikum eine brillante Orchesterleistung.

Artikel vom 02.04.2005