02.04.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Unvergessener Besuch: 80 000
beim Gottesdienst in der Senne

1996 wird der Papst in Paderborn von den Ostwestfalen begeistert begrüßt

Von Dirk Schröder
Paderborn (WB). Dreimal hat Papst Johannes Paul II. in seiner mehr als 26-jährigen Amtszeit Nordrhein-Westfalen besucht. 1996 war Paderborn vom 21. bis 23. Juni als einzige NRW-Stadt Ziel des dritten Deutschlandsbesuchs des Kirchenoberhauptes. Bei einer Messe auf dem britischen Truppenübungsplatz in der Senne rief er vor 80 000 Menschen alle Christen zur Einheit auf.
Am 28. Januar 2001 berief Papst Johannes Paul II. den Paderborner Erzbischof Johannes Joachim Degenhardt in Rom zum Kardinal. Fast anderthalb Jahre später, am 25. Juli 2002, starb Degenhardt.

Der Himmel hatte ein Einsehen: Nicht ein einziger Tropfen des vorhergesagten Regens ging nieder, als Johannes Paul II. am Freitagabend die 15 Stufen der Gangway hinunterschritt, berichtete diese Zeitung über die Ankunft des katholischen Kirchenoberhauptes am 21. Juni 1996 auf dem Paderborner Flughafen.
Freundlich lächelnd winkte er den 4500 Besuchern zu, die ihn mit frenetischem Jubel auf dem Vorfeld des Flughafens willkommen hießen. »Johannes Paul der Zweite, wir steh«n an Deiner Seite«, skandierten sie, und: »John Paul two - we love you!« Die Sondermaschine des Papstes mit dem 32-köpfigen päpstlichen Troß hatte genau um 18.54 Uhr aufgesetzt.
Noch im Flugzeug war der Papst vom Protokollchef des Auswärtigen Amtes, Botschafter Bernhard von der Planitz, und dem Vatikan-Botschafter in Bonn, Erzbischof Giovanni Lajolo, begrüßt worden. Am Fuße der Gangway hießen dann Bundespräsident Roman Herzog, NRW-Ministerpräsident Johannes Rau und Forschungsminister Jürgen Rüttgers als Vertreter der Bundesregierung das Kirchenoberhaupt auf deutschem Boden willkommen.
Eine kurze Begrüßungsansprache des Bundespräsidenten - »Heiliger Vater, in unserem ganzen Land freuen sich die Menschen auf ihren Besuch« - erwiderte der Papst überraschend mit einer fünfminütigen Rede, in der er bereits zu Fragen der Ökumene, der Weltkirche und des Ost-West-Ausgleichs Stellung nahm.
Auch der damalige Paderborner Erzbischof Johannes Joachim Degenhardt begrüßte den Papst auf dem Rollfeld. Er sei der zweite Papst, der seit Gründung des Bistums vor 1200 Jahren Paderborn besuche. Sein Kommen bedeute Stärkung des Glaubens und der Liebe für die heimische Kirche.
Anschließend »schmiß« Johannes Paul II. dann das Protokoll, verließ den roten Teppich und ging auf die jubelnde Menge zu. Er beugte sich zu Kindern hinunter, schüttelte Hände - bewegende Augenblicke, die diese Zeitung damals festhielt. Unbeschreiblich auch die Begeisterung, mit der 20 000 Menschen anschließend den Papst in der Paderborner Innenstadt begrüßten.
Höhepunkt des dreitägigen Besuchs in Ostwestfalen - Berlin war anschließend die nächste Station - war am Samstag dann der Freiluftgottesdienst in der Senne. Es war ein gelöster und humorvoller Papst, der die 80 000 Menschen nach einem von Regenschauern durchsetzten Gottesdienst entließ: »Ich danke euch für euer Kommen trotz der nicht günstigen Witterung.«
Die Fröhlichkeit, mit der die zweistündige Papst-Messe zu Ende ging, hatte den ganzen Vormittag bestimmt. Jubelnd und fähnchenschwenkend hatten die Gottesdienstbesucher, von denen einige sogar aus dem Ausland angereist waren, den Papst begrüßt. Ausgerechnet in dem Augenblick, als Johannes Paul II. in seinem »Papamobil« auf dem Messegelände erschien, riß der Himmel auf und schickte wärmende Sonnenstrahlen in die Morgenkühle der Senne. Erzbischof Degenhardt, der neben dem Papst in der Glaskanzel des »Papamobils« stand, zückte ein Taschentuch, griff durchs Seitenfenster nach draußen und putzte die Regentropfen von der Frontscheibe - freie Sicht für den Papst.
Damit möglichst viele Menschen das katholische Kirchenoberhaupt aus der Nähe sehen konnten, fuhr das »Papamobil« in großen Schleifen durch die Reihen. Unter den Besuchern war auch die neunjährige Schülerin Bernadette Haverkorn, die an diesem Tag neun Jahre alt wurde. Ihr Vater Siegfried: »Diesen Geburtstag werden wir bestimmt nie vergessen.«
Ergreifende Momente auch während der Papstmesse: Immer wieder brachen Menschen, die den Worten des Papstes lauschten, in Tränen aus und knieten nieder. Andere drückten ihre Ergriffenheit aus, indem sie zwischendurch applaudierten. Und obwohl während des Gottesdienstes immer wieder heftige Regenschauer niedergingen - kaum jemand der 80 000 verließ seinen Platz.

Artikel vom 02.04.2005