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Gründliches Sortieren
zieht Strafgeld nach sich

Gelber Sack: »Duales System Deutschland« in der Kritik

Von Michael Diekmann
und Bernhard Pierel (Foto)
Bielefeld (WB). Der Gelbe Sack sorgt in Bielefeld für Diskussionsstoff. Sammelt der städtische Umweltbetrieb von den Bürgern weniger als die dem Dualen System Deutschland (DSD) gemeldete Jahresmenge von 7 500 Tonnen ein, gibt es Geld zurück. Wird extra gründlich gesammelt und die kalkulierte Menge übertroffen, muss der Umweltbetrieb (UWB) Strafe zahlen: 100 Euro pro Tonne.

Dem Umweltbetrieb ist die komplizierte Situation sehr wohl bewusst. Die inzwischen amerikanischen Investoren gehörende »Duales System Deutschland AG«, bestraft letztlich das gründliche Sortierverhalten der Bürger, indem sie den Auftragnehmern UWB pro mehr gesammelte Tonne der Gelben Säcke 100 Euro vom zugesagten Mindesthonorar abzieht. Anders herum: Sammelt die Stadt beim Bürger weniger ein als die zur Jahresmitte kalkulierte Menge, gibt es pro Tonne weniger 50 Euro extra. Dass am Ende der Bürger die Zeche zahlt, steht für Klaus Kugler-Schuckmann, Geschäftsführer des UWB, außer Frage.
Kugler-Schuckmann geht auch auf jene Behälter ein, die falsch befüllt an den Straßenrand gestellt werden. Erst vor wenigen Wochen hatten solche Säcke in Sennestadt für Ärger gesorgt, weil sie von den Sammlern am Straßenrand zurück gelassen wurden. Allerdings, so ist es in dem DSD-Papier für Auftragnehmer festgehalten, zurücklassen darf man falsch befüllte Säcke nur dann, wenn sie eindeutig einem Haushalt zugeordnet werden können. In Mehrfamilienhäusern ist das kaum leistbar. Ausbaden muss die Situation am Ende der Umweltbetrieb und über die sich verändernden Gebührensätze jeder private Haushalt, findet der Geschäftsführer.
Säcke mit offensichtlich falscher Ladung bekommen einen roten Aufkleber mit der Maßgabe: Bitte neu sortieren - und bleiben am Straßenrand zurück. Der UWB-Geschäftsführer: »In die Säcke gehört nicht jeder Kunststoff, sondern nur Verpackungsmaterial mit dem Grünen Punkt.« Für Fachleute um so unverständlicher ist das Vorgehen der DSD AG. Einerseits wird für jeden Grünen Punkt schon beim Einkauf im Supermarkt kassiert wird und damit gewissermaßen die Entsorgung versprochen. Andererseits konfrontierten die Manager Gemeinden und Entsorger 2004 mit der Neuausschreibung aller Aufträge, zu deutlich härteren Konditionen.
In Bielefeld war so der Auftrag für das Einsammeln an den Umweltbetrieb als Subunternehmer der Stadtreinigung West (Sulo) gegangen, die Sortierung an die private Sita Wiebe GmbH. Rund um die für Bielefeld kalkulierte Jahresmenge von 7500 Tonnen rankt sich dabei ein komplizierter Wettbewerb, in dem jeder der Beteiligten versuchen muss, sich aus rein wirtschaftlichen Gründen schadlos zu halten.
Für Experten ist die Entwicklung der Abfuhrpraxis zur Jahresmitte hin bereits programmiert. Ein Insider: »300 Tonnen Einsparung sind machbar. Das zahlt sich in der Kasse der Stadt positiv aus. Vielleicht bleibt dann ja sogar eher mal ein Gelber Sack am Straßenrand stehen.« Insgesamt, meint der Experte, sei das ganze System perfide, um die Beteiligten gegeneinander auszuspielen.

Artikel vom 02.04.2005