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Vegetarier auf Inlinern
fit wie ein Turnschuh

Wolfgang Herz wird am Samstag 50 Jahre jung

Von Jörg Manthey
Bielefeld (WB). Er vollbrachte im Sommer 1993 binnen einer Woche erst mit der TSG Altenhagen-Heepen den Aufstieg in die 2. Liga, dann mit dem TuS Jöllenbeck den Sprung in die Regionalliga. Mit dem Handballtrainer Wolfgang Herz, der am morgigen Samstag 50 Jahre jung wird, ist auf ewig das Image des »Retters« verbunden: Er bewahrte sowohl die Männer des TBV Lemgo - gleich zwei Mal - als auch die Frauen von Eintracht Minden vor dem Absturz aus dem Oberhaus.

Mit dem Handballsport hat Wolfgang Herz längst abgeschlossen, Anfragen immer wieder abgelehnt. »Es ist vorbei. Mich zieht's nicht mehr in die Halle«. Schließlich habe er sich als 14-Jähriger beim TuS Brake für den Handball entschieden »und immer sehr konsequent dafür gelebt«. Die Freizeit wurde rar. »Als ich dann den Lehrerjob bekam und parallel als Trainer arbeitete, war aufgrund der Überschneidungen kaum noch Urlaub möglich. Ich habe auf vieles verzichten müssen«, meint Herz, der ein intensives und aufwändiges Videostudium betrieb - eines seiner Erfolgsgeheimnisse.
Seine aktive Handballzeit begann als Kreisläufer; erst beim TuS Brake, dann beim TuS Jöllenbeck. Horst Pieper beorderte den A-Jugendlichen vorzeitig in die Jürmker Oberligatruppe, auf die Außenbahn. Eine Wadenbeinverrenkung und ein Kahnbeinbruch trieben Herz schon mit Anfang 20 auf die Trainerbank, zuerst bei den Männern des SuS Schröttinghausen. Die Frauen des TuS Ost führte Herz von der Landes- in die Verbandsliga. »Das war eine schöne Zeit. Erst reichlich Schwangerschaften haben uns gebremst«.
1985 lotste Günter D. Klein den Nobody, der inzwischen eine befristete Lehrerstelle erhalten hatte, als seinen »Co« zum TBV Lemgo. Offiziell nur im zweiten Glied, führte Herz die Lemgoer nach dem missglückten Engagement von Walter Haase in der Saison 1987/88 zum Klassenverbleib und spielte auch nach der Entlassung von Vitomir Arsenijevic in der Saison 1988/89 erfolgreich den »Feuerwehrmann«. »Wir waren die drittbeste Rückrundenmannschaft«, erinnert sich Herz.
War er mit der TSG Altenhagen-Heepen 1992 in den Play-offs zur 2. Bundesliga noch an der SpVg Versmold gescheitert, so glückte ein Jahr später der große Wurf. Im Halbfinale schaltete die TSG den großen Favoriten Hürth/Gleuel aus - mit Trainer Günter D. Klein. »Ich habe ihn ein bisschen mit seinen eigenen Waffen geschlagen. Ich kannte ja seine Taktik«, schmunzelt Herz.
Noch heute laufen ihm kalte Schauer über den Rücken, wenn er an das Finale gegen den TV Vallendar vor 5000 Zuschauern in der gerade neu errichteten Seidensticker Halle denkt. »Die Tickets waren binnen zwei Stunden weg. Schon eineinhalb Stunden vor dem Anpfiff war die Halle fast voll. Das war eine irre Zeit damals. Arminia spielte nur in der Oberliga; es war schick, zum Handball zu gehen. Leider hat sich die Gewichtung wieder verschoben, das Potenzial nicht in die richtige Richtung entwickelt«.
Für den Hauptschullehrer am Schulzentrum Lohfeld in Bad Salzuflen (Fächer: Sport, Religion, Informatik) ist es zur Gaudi seiner Schüler eine normale Angelegenheit, aus Milse entweder mit dem Rennrad oder auf Inline Skatern zum Dienst zu kommen. »Seit 1998 nehme ich regelmäßig an den großen Inline-Marathons teil. Berlin, Köln, Hamburg, Hannover«, erzählt Herz, der in den Riesenfeldern durchaus achtbare Ergebnisse erzielt. »In Berlin bin ich unter 8 000 Startern so um Platz 700 gelandet«.
Wolfgang Herz ist glücklich mit dem Leben, das er zurzeit führt, glücklich mit seiner Claudia. »Ich fühle mich unheimlich gut. Viel fitter als noch vor Jahren. 50 werde ich ? Kann ich mir gar nicht so richtig vorstellen«. Natürlich investiert Herz auch dafür. Kein Alkolhol, keine Zigaretten. Der Blondschopf ist überzeugter Vegetarier. Und viel Bewegung an der frischen Luft. Sein Jungbrunnen heißt »gesunder Ausdauersport«.
Der frühere Zweitliga-Kreisläufer Heinrich Rödding, heute Chef der HSG Bielefeld, äußert sich voller Hochachtung über seinen Ex-Coach. »Er war für mich ein absoluter Fachmann. Dank seiner akribischen Arbeit, seinen Videoanalysen und Umsetzungen habe ich so tief wie nie zuvor in den Handball reingeblickt. Wolfgang war für mich ein nahezu perfekter Trainer«.
Auch Rödding ist natürlich dabei, wenn Wolfgang Herz heute Abend im Alarm-Theater in Bielefeld inmitten zahlreicher Weggefährten in seinen 50. hineinfeiert, wenn alte Erinnerungen aufgefrischt werden. Die WB-Sportredaktion schließt sich den vielen Glückwünschen an - und hofft insgeheim, dass Wolfgang Herz eines Tages vielleicht doch wieder Gefallen am Trainerdasein findet. Dem kränkelnden Handball würde sein Mitwirken gewiss gut tun.

Artikel vom 01.04.2005