02.04.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Kinkel und Kanther vorladen

SPD-Forderung im Visa-Ausschuss - Fischer wegen Spende unter Druck

Berlin (dpa/Reuters). Rot-Grün drückt im Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Visa-Affäre aufs Tempo. SPD-Obmann Olaf Scholz kündigte am Freitag in Berlin Vernehmungsanträge für den früheren Außenminister Klaus Kinkel (FDP) und Ex-Innenminister Manfred Kanther (CDU) an.
Die Koalition will, wenn nötig, auch zusätzliche Sitzungstermine mit ihrer Mehrheit durchsetzen, um den Abschluss des Ausschusses bis zum Sommer zu gewährleisten. Für die Aussage von Außenminister Joschka Fischer (Grüne) am 25. April plädierte Scholz zudem für eine öffentliche Fernsehübertragung.
Durch die Aussagen der beiden Ex-Minister will die Koalition die Visa-Vergabepraxis in der Zeit vor dem Regierungswechsel im Jahr 1998 beleuchten. Dann werde sich herausstellen, dass die Probleme nicht neu seien, sondern schon lange bestanden hätten.
In ergänzenden Beweisanträgen will die SPD zudem auch Vorstandsmitglieder der Versicherungen Allianz und Elvia vernehmen, deren Haft- beziehungsweise Krankenversicherungen für Reiseschutzpässe verwendet wurden. Auch Vertreter des Automobilclubs ADAC sollen gehört werden.
Eine Fernseh-Übertragung ist laut Untersuchungsausschussgesetz nur möglich, wenn die zu vernehmende Person sowie zwei Drittel der Ausschussmitglieder zustimmen. Fischer selbst werde sich dazu bald äußern, sagte Scholz. Dem wolle er nicht vorgreifen. Nach Angaben einer Ministeriumssprecherin hat sich der Außenminister bislang noch nicht mit der Sache befasst. Aus Sicht der rot-grünen Koalition kann der Ausschuss seine Arbeit bis zur Sommerpause abschließen.
Die Grünen haben unterdessen Vorwürfe zurückgewiesen, wonach es Ungereimtheiten hinsichtlich eines Vortrags von Außenminister Joschka Fischer beim PR-Berater Moritz Hunzinger und einer Spende Hunzingers an die Partei gebe. Grünen-Schatzmeister Dietmar Strehl erklärte am Freitag zu einem entsprechenden Bericht der »Bild"-Zeitung, die Vorgänge um Fischers Vortrag im September 1998 noch vor seinem Amtsantritt als Außenminister seien 2002 öffentlich dargestellt worden. Fischer und die Grünen hätten sich korrekt verhalten.
Strehl widersprach der Darstellung Hunzingers, Fischer habe ein Honorar erhalten. Es habe von Hunzingers Firma einen Scheck über 19 999 Mark »mit dem Adressaten Grünen-Kreisverband Frankfurt« gegeben, sagte Strehl der Nachrichtenagentur Reuters. Das Geld sei korrekt als Parteispende verbucht worden.
Die CDU forderte Fischer und die Grünen auf, ihr Finanzgebaren zu erklären. »Fischers Verhalten der vergangenen Wochen hat das Auswärtige Amt schon genug in die Schlagzeilen gebracht«, sagte CDU-Generalsekretär Volker Kauder. Fischer steht seit Wochen wegen der Visa-Affäre unter Druck. Zudem hatte es von Mitarbeitern seines Ministeriums öffentliche Kritik an der Entscheidung gegeben, in der Mitarbeiter-Zeitung keine Nachrufe für frühere Diplomaten mehr zu veröffentlichen.
Fischer hatte im September 1998 kurz vor der Bundestagswahl als damaliger Fraktionschef der Grünen einen Vortrag im so genannten »Politischen Salon« Hunzingers in Frankfurt gehalten. Später hatten die Grünen einen Betrag von 19 999 Mark als Spende des PR-Unternehmers verbucht.
Die »Bild«-Zeitung zitierte Hunzinger mit den Worten: »Ich habe ihm 20 000 Mark Honorar geboten. Aber er hat 19 999 Mark gesagt und dann einen Scheck von uns erhalten.« Der Betrag blieb damit um eine Mark unter der Grenze von 20 000 Mark, ab der das Geld als Parteispende im Rechenschaftsbericht mit dem Namen des Spenders hätte veröffentlicht werden müssen.

Artikel vom 02.04.2005