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Häftling gewinnt Klage wegen zu kleiner Zelle

Oberlandesgericht: Unterbringung menschenunwürdig

Von Christian Althoff
Detmold (WB). Die Unterbringung von zwei Häftlingen in einer 8,8 Quadratmeter großen Zelle ist rechtswidrig und stellt einen Verstoß gegen die Menschenwürde dar. Das hat jetzt das Oberlandesgericht Hamm entschieden und einem Häftling der Justizvollzugsanstalt Detmold Recht gegeben.
Friedrich Waldmann leitet die JVA in Detmold.
Der Gefangene durfte in der JVA als Spülkraft arbeiten und wohnte deshalb in einer Einzelzelle direkt neben dem Spülraum. Wegen eines Fehlverhaltens wurde ihm die Arbeit im Frühjahr 2003 entzogen. Ein anderer Häftling übernahm den Job und die dazugehörige Zelle. Weil damals keine andere Einzelzelle zur Verfügung stand, wurde der Gefangene vorübergehend mit einem anderen Häftling zusammengelegt.
Die beiden Männer mussten sich die 8,8 Quadratmeter große Zelle teilen, in der ein Doppelbett, zwei Schränke, zwei Tischchen und eine Toilette ohne Ablufteinrichtung standen. Der Häftling beschwerte sich und kam auf die Warteliste für eine Einzelzelle, auf der allerdings bereits 25 Gefangene standen. Nach 31 Tagen stand dem Mann schließlich wieder ein Einzelhaftraum zur Verfügung.
Der Häftling wollte die Maßnahme der JVA gerichtlich überprüfen lassen und wandte sich ans Landgericht Detmold. Dieses sah in der gemeinschaftlichen Unterbringung allerdings keine Verletzung der Menschenwürde, zumal sich die beiden Häftlinge tagsüber außerhalb der Zelle hatten aufhalten können. Gegen diese Entscheidung legte der Gefangene Rechtsbeschwerde beim Oberlandesgericht in Hamm ein - und hatte Erfolg.
Die Hammer Richter befanden, die Unterbringung der beiden Männer in einer derart kleinen Zelle mit einer nicht gesondert entlüfteten Toilette sei ein Verstoß gegen die Menschenwürde und das Verbot unmenschlicher und erniedrigender Behandlung.
Grundsätzlich dürften Haftanstalten zwar Gefangene »vorübergehend und aus zwingenden Gründen« zusammenlegen. Allerdings müsse dann der Haftraum in Größe und Ausstattung bestimmte Kriterien erfüllen, vor allem in sanitärer Hinsicht. »Es spricht nach Auffassung des Senats einiges dafür, dass generell die Unterbringung mehrerer Gefangener in einer Zelle mit Toilette ohne ausreichenden Sicht-, Geräusch- und Geruchsschutz gegen die Menschenwürde verstößt«, heißt es in dem Beschluss. Mit dieser Entscheidung kann der Häftling nun versuchen, auf dem Weg einer Zivilklage Schmerzensgeld vom Land einzufordern.
»Für uns ist es nicht einfach, die Vorgaben des Gerichtes umzusetzen«, sagte gestern Friedrich Waldmann, Leiter der JVA Detmold. Das 1961 gebaute Gefängnis habe 160 Haftplätze, aber 180 Gefangene. »Zum Glück gibt es Häftlinge, die ausdrücklich wünschen, zu zweit untergebracht zu werden und sich arrangieren«, sagte Waldmann. Dennoch stünden noch immer 18 Häftlinge auf der Warteliste für eine Einzelzelle. Frank Blumenkamp, Sprecher des Landesjustizvollzugsamtes, erklärte, das Land sei dabei, die sanitären Einrichtungen in alten Haftanstalten nach und nach zu modernisieren.

Artikel vom 31.03.2005