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Kanzler gegen Fahrverbote

Regierung setzt auf steuerliche Förderung von Partikelfiltern

Berlin (dpa/Reuters). Im Kampf gegen die gefährliche Luftverschmutzung in den Städten setzt die Bundesregierung nicht auf Fahrverbote, sondern auf Steueranreize für Rußfilter.
Zur kurzfristigen Verringerung der Feinstaub-Belastung in den deutschen Städten hatten sich Politiker von Grünen und Union für Fahrverbote ausgesprochen. Grünen-Verkehrsexpertin Franziska Eichstädt-Bohlig machte sich dafür stark, ein generelles Sonntagsfahrverbot zu diskutieren. Auch CSU-Umweltexperte Josef Göppel hält ein solches Fahrverbot für richtig. »Wenn es nicht anders geht, dann dürfen Dieselautos ohne Filter nicht mehr in bestimmte Stadtteile hinein«, sagte NRW- Vize-Ministerpräsident Michael Vesper (Grüne).
»Eindimensionale Maßnahmen wie beispielsweise ein Sonntagsfahrverbot für bestimmte Zeiträume werden sicherlich langfristig dieses Problem nicht lösen«, sagte gestern der stellvertretende Regierungssprecher Hans Langguth.
Ein Gesetzentwurf zur steuerlichen Förderung von Dieselfahrzeugen werde noch vor der Sommerpause vorliegen, sagte er weiter. Fahrverbote seien auf Bundesebene kein Thema: »Der Bundeskanzler bevorzugt mittel- und langfristige und damit nachhaltige Lösungen.«
Die Bundesregierung erwarte, dass die Länder positiv auf das Vorhaben reagierten, Käufer von Neuwagen mit Dieselrußpartikelfilter mit 350 Euro zu unterstützen und die Umrüstung von Gebrauchtwagen mit 250 Euro zu fördern, sagte Langguth. Die Regierung hatte sich im Februar auf Zuschüsse aus der Staatskasse für Diesel-Pkw mit Filter verständigt. Die Länder hatten umgehend angekündigt, dem Rabatt nur zuzustimmen, wenn ihnen keine Verluste entstehen. Die Förderung soll über die Kfz-Steuer finanziert werden, die den Ländern zusteht. Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) wies eine solche steuerliche Dieselfilter-Förderung zurück.
Der Präsident des Umweltbundesamtes, Andreas Troge, sagte, generelle Sonntagsfahrverbote könnten nur die »ultima ratio« sein.»Ein allgemeines Fahrverbot ist eine Maßnahme, aber nicht die wichtigste, denn die Feinstaubbelastung ist natürlich im Alltag in den Ballungsräumen viel größer als an einem eh etwas verkehrsärmeren Sonntag«.
»Fahrverbote würden den Lebensnerv der Innenstädte treffen und die Geschäfte auf die Grüne Wiese treiben«, sagte der Hauptgeschäftsführer des größten Einzelhandels-Verbandes HDE, Holger Wenzel. Sie würden zu Umsatz-Einbußen im zweistelligen Prozent-Bereich führen.
Die Deutsche Umwelthilfe warf der deutschen Autoindustrie vor, den Einbau von Diesel-Partikelfiltern jahrelang massiv behindert zu haben. »Die deutsche Automobilindustrie hat das nicht verschlafen, sondern aktiv boykottiert und hintertrieben«, sagte Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Die Autobauer, allen voran VW, hätten den Dieselmotor »künstlich« billig halten wollen. Damit sollte die Zahl der Diesel-Neuzulassungen, der 2004 bereits bei über 40 Prozent lag, weiter gesteigert werden. Ein VW-Sprecher wies die Vorwürfe der Umwelthilfe als »blanken Unsinn« zurück. Das Unternehmen habe keineswegs eine Vorbestellung von Partikelfiltern storniert: »Das ist eine unwahre Behauptung, die die Verbraucher verunsichert«, sagte der VW-Sprecher weiter.
Seite 4: Leitartikel

Artikel vom 31.03.2005