31.03.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Wenn Nordkorea
außer Kontrolle gerät

Tumulte im Kim Il Sung-Stadion

Pjöngjang (dpa). Am Ende herrschten Wut, Chaos und Betroffenheit.

»Da bekommt man ein Gefühl dafür, was passiert, wenn die Dinge hier außer Kontrolle geraten«, sagte ein ausländischer Diplomat nach den Zwischenfällen bei der 0:2-Niederlage der nordkoreanischen Fußballmannschaft in der WM-Qualifikation gegen Iran. Vor 100 000 aufgebrachten Zuschauern im Kim Il Sung-Stadion trauten sich Schiedsrichter und Linienrichter am Ende nicht einmal mehr von der Mitte des Platzes unter der Tribüne hindurch in die Kabinen. Zuschauer reckten ihnen die Fäuste entgegen. Unter Beifall flogen Flaschen und Sitzkissen. Verängstigt rannten die iranischen Spieler in die Kabinen.
In einem Land, wo sonst alles organisiert und kontrolliert ist, war das Qualifikationsspiel für die WM 2006 in Deutschland ein seltener Einblick in die Seele der Menschen in dem streng isolierten Staat. Die Situation eskalierte, als der syrische Schiedsrichter vier Minuten vor Schluss den Nordkoreanern nach einer eher harmlosen Rangelei im Strafraum der Iraner einen Elfmeter verweigerte. Die unter hohem Druck stehenden und tapfer gegen die iranische Abwehr kämpfenden, aber doch unerfahrenen Nordkoreaner gingen plötzlich auf den Schiedsrichter los.
Als Schlusslicht ihrer Gruppe mit null Punkten hatte das Team schon bei der Niederlage gegen Bahrain vergangene Woche den Schiedsrichter der Unfairness beschuldigt. Ironischerweise spielten diesmal die beiden Teams der Staaten, die US-Präsident George W. Bush als »Achse des Bösen« in geheimer Komplizenschaft vermutet. Sie schenkten sich nichts. Wo sonst aber einmal ein Spieler die Kontrolle verliert, wurde hier der syrische Schiedsrichter gleich von mehreren aufgebrachten nordkoreanischen Spielern attackiert.
Die Tabelle der Asien-Gruppe B führt Iran mit sieben Punkten vor Japan (6), Bahrain (4) und Nordkorea (0) an. Die Japaner bezwangen Bahrain gestern mit 1:0.

Artikel vom 31.03.2005