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Über allem aber schwebt
»Der unglaubliche Heinz«

»Eins Live« brachte den Ringlokschuppen zum Lachen

Von Thomas Bertz (Text und Foto)
Bielefeld (WB). Gleich sieben Scherzemacher hat der Radiosender »Eins Live« auf seine Comedytour 2005 durch das Sendegebiet geschickt. Mit Erfolg: Auch im ausverkauften Ringlokschuppen ernteten die Comedians zahlreiche Lacher.

Dabei ist die Aufgabe nicht einfach. Während die Scherz-Einheiten über den Äther meist nur 90 Sekunden dauern, müssen sie auf der Bühne naturgemäß länger gehen. Nicht alle der »Eins Live«-Comedians waren der Aufgabe gleich gut gewachsen.
»Ulan & Bator« etwa liefern schon im Radio nicht unbedingt ein Gag-Feuerwerk ab. Auf der Bühne sind sie ein Reinfall. Mützen alleine reizen nicht zum Lachen, und wer Dialekte imitieren will, sollte sie nicht nur beherrschen, sondern auch richtig zuordnen können. Auch beim »Reverend Eminent«, der deutsch-englisch-radebrechenden Hip-Hop-Persiflage, bleibt das Niveau eher niedrig. Die Scherze des Reverends tragen die Dauer seines Auftritts nicht.
Ganz anders präsentierte sich das souveräne und bühnenerfahrene Moderatoren-Duo »Onkel Fisch«, das nicht nur witzig-charmant durch den Abend führte, sondern auch mit der Kult-Comedy »Der kleine junge Zivi«, »Sataan« und der »Grillstube Saloniki« erfolgreiche Angriffe auf die Lachmuskeln startete. Adrian Engels und Markus Riedinger ist es ganz einfach gelungen, den akustischen Radio-Scherzen zusätzlichen optischen Charme zu geben.
Genau das ist auch die Stärke von Peter Saurbier und seiner »Attacke Pinguin«: Egal ob als Herbert-Grönemeyer-Parodist in »Ähnie und Herr Bert«, als Musik-Lehrer Uwe Lempinsky oder als Willy in der »Biene Mayer« (der nicht ganz jugendfreien Adaption der Biene Maja) - Saurbier trifft es meist auf den Punkt. Und auch gesanglich schafft er köstlich den Sprung über Grönemeyers »Tauchbad der Tränen« und Kraftwerk-Tönen zu Kylie Minogue auf der Handy-Tastur.
Über allen Comedians schwebt aber »Der unglaubliche Heinz«. Der »romantisch-verträumte Teletubby-Zurückwinker mit dem Aussehen eines grobschlächtigen kaukasischen Mafia-Vollstreckers« ist zwar gar kein »Eins Live«-Comedian, aber er darf wegen seiner Erfolge bei der vergangenen Tour, die noch durch die Kinosäle des Sendegebiets ging, wieder mitmachen. Zu Recht: Heinz Gröning ist einfach Comedian durch und durch und stellt die eigentlichen Hauptdarsteller locker in den Schatten. Aber nicht nur das Witzeprogramm des rheinischen Tanzbären kommt an. Auch gesanglich hat er einiges drauf. »Hoppe, Hoppe Reiter« als »Rammstein«-Song - beim unglaublichen Heinz passt das.
Auch beim »Special Guest« Ausbilder Schmidt stimmt das Bild: Uniform, Sonnenbrille und Zigarre, dazu Kasernenhofton - das ist alles, worauf sich Holger Müller bei seinem kurzweiligen Programm stützt.
Und auch er war bei der Comedy-Tour dabei: »Eins Live«-Urgestein Elmar Brandt mit seiner »Gerdshow«. Zwar wirkte die Kanzler-Parodie etwas lustlos, vielleicht war aber genau das die Scherzidee des brillianten Stimmenimitators, der es auch in Bielefeld schaffte, die Stimmen von Helmut Kohl, Gerhard Schröder, Edmund Stoiber und Angela Merkel in einem Satz unterzubringen. Brandts Auftritt könnte auch symbolisch für die ganze Comedy-Tour stehen: nette Gags, die nicht alle zünden. Denn auch bei Brandt gilt: Was für das Ohr und für kurze Zeit lustig ist, muss den Augen nicht für mehrere Minuten gefallen. Die gut 1000 Zuschauer im Ringlokschuppen hatten bei der Abschlussveranstaltung der Comedy-Tour allerdings ihren Spaß.

Artikel vom 30.03.2005