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In der Diakonie nur
wenige Ein-Euro-Jobs

Johanneswerk lehnt »reine Zuweisung« strikt ab

Von Dietmar Kemper
Bielefeld (WB). Bei den Ein-Euro-Jobs halten sich die großen diakonischen Einrichtungen deutlich zurück. Während das Evangelische Johanneswerk 66 »zusätzliche Arbeitsgelegenheiten« eingerichtet hat, sind es bei den Von-Bodelschwinghschen Anstalten Bethel 14.

Das Evangelische Johanneswerk in Bielefeld werde »zunächst nur mit einer kleinen Zahl beginnen, um entsprechende Erfahrungen zu sammeln«, erklärte der Vorstandsvorsitzende Udo Krolzik. Die 66 gemeinnützigen Beschäftigungen auf den Feldern Haustechnik und Garten, Hauswirtschaft sowie Betreuung und Begleitung haben ihren Schwerpunkt im Ruhrgebiet: Region Bielefeld (1 Arbeitsgelegenheit), Gütersloh (9), Herford (8), Salzuflen (1), Region Wittgenstein (4), Bocholt (3), Bad Honnef (2), Region Recklinghausen (7), Essen-Gelsenkirchen (7), Märkischer Kreis/Ennepetal (2) und Region Bochum/Herne (22).
»Wir haben vermehrt Stellen in Bochum und Gelsenkirchen eingerichtet, weil dort die Arbeitslosigkeit sehr hoch ist«, sagte Wilma Weber vom Geschäftsbereich Personal gestern dieser Zeitung. Das Evangelische Johanneswerk sieht sich keineswegs als kritikloser verlängerter Arm der Arbeitsagenturen. Auch wenn die Einrichtung »soziales Lernen ermöglichen« wolle, lehnt Udo Krolzik »reine Zuweisung« ab.
Weil es sich um »Dienst am Menschen« handele, wähle das Johanneswerk (5136 Mitarbeiter) die Teilnehmer nach Fachwissen und persönlicher Eignung aus und lege deren Einsatzgebiet fest. Was die Beschäftigungsdauer angehe, seien weniger als sechs Monate nicht sinnvoll, betont Krolzik. Andernfalls könne keine Beziehung zwischen Betreuern und Betreuten entstehen. Unter den Ein-Euro-Jobs würden Angebote wie das diakonische und soziale Jahr nicht leiden, sondern im Gegenteil weiter ausgebaut.
Bethel als Europas größte diakonische Einrichtung fordert Politik und Wirtschaft in einem Positionspapier auf, den Umfang »nicht existenzsichernder Beschäftigung« so klein wie möglich zu halten und ausreichend bezahlte Arbeitsplätze zu schaffen. Die 14 Ein-Euro-Jobs sind in den Bereichen Alten-, Behinderten- und Integrationshilfe (Gemeindepsychiatrie) eingerichtet worden. Leichte pflegerische Arbeiten, Botengänge, die Begleitung zum Arzt, das Schieben von Rollstühlen oder die Organisation kleiner Feiern gehören zu den Aufgaben der Männer und Frauen.
»Es handelt sich um unterstützende Tätigkeiten, etwa beim Assistieren und Verschönern, für die sonst keine Zeit bleibt«, sagte Pastor Ulrich Pohl dieser Zeitung. Bethel werde nicht der Versuchung erliegen, durch billige Arbeitskräfte das Budget zu entlasten. Pohl: »Abgesehen davon, dass die Qualität leiden würde, wäre es moralisch verwerflich, durch Ein-Euro-Jobs reguläre Arbeitsplätze abbauen oder verdrängen zu wollen«. Daher gingen die Von-Bodelschwinghschen Anstalten mit dem neuen Arbeitsmarktinstrument »sehr restriktiv um«. Bethel beschäftigt 14 000 Mitarbeiter, davon fast 10 000 in OWL.

Artikel vom 30.03.2005