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Die neue Diät:
Leverkusener
Schlankmacher

Der Kurs von Holzhäuser und Völler

Von Klaus Lükewille
Leverkusen (WB). Er ist wieder da. Aber er war auch nie ganz weg. Sagt jedenfalls Wolfgang Holzhäuser. Der Geschäftsführer des Fußball-Bundesligisten Bayer 04 Leverkusen hatte ihn immer im Blick: »Der Kontakt zu Rudi Völler ist nicht abgerissen. Und wir haben ihn jetzt selbstverständlich mit offenen Armen aufgenommen.«

Willkommen im alten Club. Vier Jahre Teamchef der Nationalelf, ein paar Wochen auf der zu heißen Bank von AS Rom: Seit Anfang 2005 bezieht der Weltmeister von 1990 das Gehalt erneut in Leverkusen. Im Bayer-Trikot beendete der Weltklasse-Stürmer Völler 1996 seine Kicker-Karriere, in Bayer-Diensten startete er gleich anschließend die zweite Fußball-Laufbahn als Sport-Direktor.
Den Direktoren-Titel trägt er jetzt nicht mehr, er nennt sich nur noch Sportchef. Aber dafür wurde Völler mit zusätzlichen Kompetenzen ausgestattet. Holzhäusers Arbeitsplatzbeschreibung für den leitenden Angestellten: »Ich räume Rudi einen größeren Entscheidungsspielraum ein, als er ihn in seiner ersten Amtszeit von 1996 bis 2000 bei uns hatte.«
Eine kleine, feine Spitze war das. Gegen wen? Gegen Reiner Calmund natürlich. Den Namen nannte Holzhäuser in diesem Zusammenhang nicht, der fällt auch nicht mehr so oft in Leverkusen. Der schwergewichtige Ex-Super-Manager, der oft alle erdrückte, fast alles bestimmte und meistens das letzte Wort hatte: Er räumte im Sommer 2004 von heute auf morgen seinen Platz.
Noch immer darf gerätselt werden: freiwillig - oder mit Druck der Werksleitung? Spekulationen über angeblich nicht ganz saubere Transfergeschäfte des Reiner C. wurden bisher nicht bestätigt. Sie interessieren Holzhäuser auch nicht. Die Hauptsache: Der »Dicke« hat sich dünne gemacht.
Denn das Binnen-Klima dieser beiden Herren wurde zuletzt immer schlechter. Da stimmte die Chemie nicht mehr. Da zog nicht nur grauer Qualm aus dem Bayer-Werk über die Stadt, da rauchte und dampfte es auch in den Büros gewaltig, wenn die führenden Vereins-Funktionäre mal wieder gegensätzlicher Ansicht waren.
Holzhäuser wollte, total verärgert und frustriert, schon zur Deutschen Fußball-Liga abwandern. Jetzt hat er Calmund tatsächlich ausgesessen - und ist der erste Mann der »Mannschaft«.
In dieses Team holte der ehemalige DFB-Funktionär nun einen seiner »Lieblingsspieler« zurück. Holzhäuser hält viel von Völler, umgekehrt ist das genau so: »Ich habe die Offerte aus Leverkusen gern angenommen. Ich glaube, ich kann hier noch einiges bewegen.«
Allerdings: In der laufenden Saison sind die Aussichten stark minimiert. Im DFB-Pokal hat sich Bayer schon im Herbst 2004 gegen Werder Bremen verabschiedet, in der Champions League war im März 2005 gegen den FC Liverpool im Achtelfinale Endstation.
Bleibt die Liga. Die wird an diesem Samstag mit einem Auswärtsspiel in Bielefeld fortgesetzt. »Da müssen wir unbedingt punkten«, fordert Völler. Denn jeder Zähler ist wichtig, wenn Leverkusen sein letztes Saisonziel noch erreichen will: Die internationale Qualifikation. Der Uefa-Cup-Wettbewerb sollte es mindestens sein, möglichst sogar wieder ein Ticket für die Champions League. Aber hier trennen Bayer, den Sechsten, vom VfB Stuttgart, dem Dritten, derzeit fünf Punkte.
Kein leichter Endspurt. Doch Holzhäuser und sein Sportchef Völler blicken schon über den Serienrand hinaus. Sie wollen Bayer wieder zu einer führenden Fußball-Macht in Deutschland formen. So wie damals, als Calmund noch regierte und Millionen auf den Transfermarkt werfen durfte.
Doch diese Zeiten sind vorbei. Auch das Werk muss sparen. Und Holzhäuser schießt noch einen Pfeil auf seinen ehemaligen Kollegen ab, wieder nennt er den Namen Calmund nicht: »Wir haben den Verein auf ein vernünftiges und vertretbares Maß gebracht. Völler und ich, wir werden beweisen, dass das Liga-Unternehmen Bayer 04 kostengünstiger und trotzdem gleichzeitig erfolgreich zu führen ist.«
Mit dem Wort »verschlanken« versuchen sie heute auch in der Wirtschaft Personalabbau und Sparmaßnahmen elegant zu verkleiden. Und diese neue »Diät-Mode« passt Leverkusen wie angegossen. Denn der ehemalige Manager, Größe XXL, ist ja längst nicht mehr das Maß aller Dinge.

Artikel vom 02.04.2005