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Nachbarin angeschossen und sich selbst getötet

Computerspezialist richtet in Brackwede Blutbad an - Frau fühlte sich von Täter belästigt

Von Uwe Koch
und Paul Siegfried Schulz
Brackwede (WB). Ein dramatisches Blutvergießen hat am Ostermontag den Brackweder Frölenberg erschüttert: Ein 43-jähriger Mann hat in den frühen Morgenstunden eine 32-jährige Nachbarin zuerst niedergeschossen. Nach stundenlangen Verhandlungen mit der Polizei richtete sich der Täter gegen Mittag durch einen Kopfschuss selbst hin.

Gegen 1.30 Uhr peitschte ein Schuss durch das idyllisch am Waldrand gelegene Mehrfamilienhaus an der Straße Am Frölenberg 17. Der 43-jährige Andreas F. hatte seine Pistole einmal auf die 32-jährige Nachbarin Friederike M. (Name des Opfers geändert) gerichtet und die allein stehende Frau mit einem Bauchschuss lebensgefährlich verletzt.
Eine weitere Nachbarin in dem Gebäude wurde auf die Schreie der Schwerverletzten aufmerksam. Die Frau alarmierte Feuerwehr und Polizei. Währenddessen hatte sich der 43-jährige Computerspezialist in seiner Wohnung »verbarrikadiert«, sagte gestern Staatsanwalt Klaus Metzler. Ein Spezial-Einsatz-Kommando (SEK) der Bielefelder Polizei riegelte die Wohnstraße vollständig ab und sorgte zunächst für die Evakuierung aller Bewohner des Doppelhauses Am Frölenberg 17 und 19.
Eine Verhandlungsgruppe nahm umgehend telefonischen Kontakt mit dem Täter auf, der sich weiterhin in seiner Erdgeschosswohnung aufhielt. Nach Informationen des WESTFALEN-BLATTES soll Andreas F. in den folgenden Stunden angesichts seiner aussichtslosen Lage mehrfach angekündigt haben, sich selbst zu töten. Mitarbeiter der Polizei konnten den 43-Jährigen jedoch zunächst hinhalten: Er habe »noch eine Perspektive«, resümierte Metzler die Argumente der Polizei, denn die Frau lebe noch.
Allen Bemühungen zum Trotz hatte sich Andreas F. jedoch spätestens am Vormittag zur Selbsttötung entschieden. Während eines weiteren Telefonats exakt um 12.02 Uhr hallte ein weiterer Schuss durch das Haus. Der Mann hatte sich eine Kugel in den Kopf geschossen, er war sofort tot.
Nach Informationen des WESTFALEN-BLATTES gab es seit Monaten Streit um und mit dem Täter. So soll sich Friederike M. mehrfach darüber auch schriftlich beschwert haben, dass sie von ihrem Wohnungsnachbarn massiv belästigt worden sei. Er habe ihr nachgestellt, habe sie obendrein auch verbal bedroht. Jede Annäherung soll die junge Frau indes zurückgewiesen haben. Sie soll an einer Beziehung nicht interessiert gewesen sein.
Andreas F. hingegen soll sich mehrfach über angebliche Lärmbelästigung in dem so genannten »Hamburger Haus« beklagt haben. Er hatte das zum Vorwand genommen, um deshalb auch einseitig die Miete für seine Erdgeschosswohnung zu kürzen. Die Wohnungsverwaltung hatte bis zum Ende des vergangenen Jahres dreimal die fristlose Kündigung ausgesprochen. Eine Räumungsklage war jedoch bisher vergeblich geblieben. Andreas F. hatte sich dagegen erfolgreich zur Wehr setzen können. Anwohner zeigten sich daher gestern bestürzt über den Anschlag.
Andreas F. wohnte allein in seiner Erdgeschosswohnung. Der Mann war ohne feste Anstellung, er betrieb von seiner Wohnung aus eine Fachberatung als Computerspezialist. Woher seine Waffe stammte, aus der die Schüsse fielen, ist nach dem bisherigen Ermittlungsstand nicht bekannt. Wo exakt Friederike M. angeschossen wurde, wird zudem ermittelt. Auf der Straße fanden Beamte der Spurensicherung ein Projektil. Das Balkonfenster der Wohnung des Täters war von einer Kugel durchschlagen worden.

Artikel vom 29.03.2005