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Suche nach
den Ursachen
der Todesfahrt

Analyse per Luftbild am Tag danach

Von Elke Wemhöner, Michael Diekmann, Christian Althoff
und Bernhard Pierel
Bielefeld (WB). Samstag, 9.30 Uhr. Elf Stunden nach dem tragischen Unglück herrscht an der Unfallstelle Totenstille. Weiß eingekreiste Trümmerteile und Kleidungsstücke, eine gesperrte Hauptverkehrsader. Menschen verharren stumm vor den rotweißen Polizeiabsperrungen, hinter denen Gutachter auf der Herforder Straße ihre Arbeit tun.

Der Morgen danach ist grausam. Um 22.16 Uhr hatte sich das Unglück auf der Herforder Straße ereignet, das weder eingesetzte Polizeibeamte noch die Fans der Tuning-Szene je für möglich gehalten hatten. Jetzt um 9.30 Uhr stehen die Menschen vor den Trümmern, vor abgerissenen Spiegeln, einzelnen Schuhen, aufgerissenen Verbandskästen, Arztkanülen und Einmalhandschuhen. Mit der Helligkeit wird das ganze Ausmaß des tragischen Geschehens sichtbar, ausgelöst von dem herumschleudernden Opel Corsa, der schließlich in einer Gruppe Zuschauer zum Stehen gekommen war und dabei eine 25-jährige Gütersloherin so schwer verletzt hatte, daß sie später verstarb.
Die ganze Nacht blieb die Herforder Straße gesperrt zwischen den Einmündungen Ziegelstraße und Karolinenstraße. Abgeriegelt ist auch die kleine Schuckenbaumer Straße, an deren Einmündung das Unglück passierte. Jugendliche beobachten die Szenerie aus Entfernung An den Absperrungen stehen Anlieger, sprachlos, geschockt, auch wenn sie die Tuning-Szene seit Jahren kennen. Sie kommt immer freitags.
Jetzt am Samstag sind die Ermittler am Zug. Stück für Stück haben sie auf dem Asphalt eingekreist, die Straße in quadratische Felder unterteilt. Aus einem Polizeihubschrauber wird fotografiert, später Stück für Stück der Hergang rekonstruiert. Wenig später sammeln Polizeibeamte die Reste von der Fahrbahn, geben um 10.30 Uhr die Straße frei. Kurz darauf setzt heftiger Regen ein. Er verwischt die Spuren einer schrecklichen Nacht.
Diese werden Polizeidirektor Andreas Kummrey und Hauptkommissar Thomas-Oliver Kniephoff nicht vergessen. Sie gehörten zu den Beamten, die auf der gegenüber liegenden Seite gerade die Schaulustigen - darunter viele aus den Kreisen Minden, Gütersloh und Lippe - zum Weitergehen aufforderten und Platzverweise gegen Fahrer erteilten. »Wir werden künftig mit allen Mitteln gegen solche Treffen vorgehen«, betont Kummrey noch in der Nacht. Noch nicht einmal eine Stunde nach dem Unfall waren im Internet auf einschlägigen Szene-Seiten bereits Kommentare und Reaktionen auf den Unfall in Bielefeld nachzulesen. Die »Chats« drehten sich auch am Samstag noch überwiegend um die Ereignisse an der Herforder Straße.

Artikel vom 29.03.2005