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Der Prämien-Poker
Hart
am
Ball
Von Klaus Lükewille

»Chef, wir wollen mehr Geld.«
Wer kann es sich ernsthaft vorstellen, dass Fritz Walter einst in Spiez am idyllischen Thuner See vor dem großen Finale gegen die Ungarn an die Tür von Sepp Herberger geklopft hat?
Richtig. Niemand. Die Fußball-Weltmeister von 1954, das waren viel zu brave, bescheidene und noch völlig unverwöhnte Spieler. Knallharte Prämien-Forderungen? Das hätte damals keiner gewagt. Schon gar nicht beim strengen »Chef« Herberger.
Zwanzig Jahre später sah die deutsche Fußball-Welt völlig anders aus. Da zockten Franz Beckenbauer und Paul Breitner bis tief in die Nacht mit den DFB-Bossen. Sie verlangten Extra-Zuschläge für den anvisierten WM-Triumph. Bundestrainer Helmut Schön war entsetzt - und wollte die Koffer packen.
Die Spieler setzten sich durch, Schön reiste nicht ab und der DFB »durfte« zahlen.
15 Monate vor der zweiten WM im eigenen Land liefen die Verhandlungen so ab, wie die Profis von heute auftreten: selbstbewusst, kühl und bestimmt. Das sind längst Geschäftsleute in kurzen Hosen, die genau wissen, was sie wert sind - und was sie wollen. In diesem WM-Fall 2006 genau 300 000 Euro für den Sieg.
Viel Geld. So viel wie noch nie. Zu viel? Herberger wäre entsetzt gewesen. Schön wäre blass geworden. Und ihr Nachfolger Jürgen Klinsmann? Der hätte garantiert auch 300 000 Euro gefordert. Mindestens.

Artikel vom 25.03.2005