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Dicke Luft für den dicken Dick

Rettung oder Kellerkampf: Mönchengladbachs Trainer Advocaat unter Druck

Von Klaus Lükewille
Mönchengladbach (WB). Eine Niederlage - und sie sind wieder mittendrin im Abstiegskampf. Ein Sieg - und sie sind endgültig raus aus dem Tabellen-Keller. Auch wenn die Partie im »Borussia-Park« stattfindet: Das Duell gegen den VfL Bochum wird für Mönchengladbach garantiert kein gemütlicher Sonntags-Spaziergang.

Nur einen im Lager des Traditionsvereins scheint dieser schwierige Weg überhaupt nicht zu beunruhigen. Der Niederländer Dick Advocaat (57), seit November 2004 auf der Bank der Gladbacher, blockte schon vor zwei Wochen nach der 1:2-Niederlage in Hannover alle Fragen ganz kurz ab.
»Machen Sie sich jetzt Sorgen?«
Antwort: »Nee, warum?«
»Aber bei einer Heimniederlage gegen Bochum droht der Abstieg.«
Antwort: »Nee, warum? Wir bleiben drin. Und damit Basta.«
So ist er der Fußball-Trainer, den sie seit Jahren den kleinen General nennen, weil er einst beim Europameister-Macher Rinus Michels, dem großen General, in die Lehre gehen durfte.
Advocaat und sein Führungsstil: Autoritär. Unnahbar. Manchmal ironisch bis zynisch. Kommandos wie auf dem Kasernenhof. Klipp und klar. Kurz und knapp. Denn der Trainer vertrat schon immer die Ansicht: »Spieler sollen rennen und kämpfen, und nicht so viel reden.« Als er in Gladbach seinen Dienst antrat, hat er Teile der Truppe sofort als nur bedingt bundesliga-tauglich erklärt.
Und dass dann in der Winterpause gleich sieben Neue auf einen Streich verpflichtet wurden, gehörte sicher auch nicht gerade zu den vertrauensbildenden Maßnahmen für das alte Personal. Aber Advocaat forderte und forderte, Christian Hochstätter musste die Trainer-Wünsche erfüllen.
Der Sport-Direktor zog stolz eine Zwischenbilanz, als sich die Zusatzinvestitionen kurzfristig zu rechnen schienen: »Uns trennen acht Punkte von den Abstiegsplätzen. Es waren schon einmal nur drei.« Zu früh gefreut? Denn eine Heimniederlage gegen den VfL Bochum, und es sind wieder bloß drei Zähler Differenz zum westfälischen Keller-Konkurrenten.
Die vermeintlichen »Verstärkungen« erwiesen sich bisher nicht als Volltreffer. Vor allem bei den Spielern mit den großen Namen hatten die Gladbacher kein Glück. Jörg Böhme, im Winter vom FC Schalke 04 geholt, spielt bisher nur den Mitläufer. Der Brasilianer Giovane Elber, aus Lyon nachverpflichtet, ist nach seinem Schienbeinbruch frühestens in drei Wochen am Ball.
Im Sommer 2004 holten die Borussen mit Christian Ziege und Oliver Neuville bereits zwei »Internationale«, die dem Verein ebenfalls nicht entscheidend weiterhelfen konnten. Für Ziege (Knorpelschaden im Sprunggelenk) ist die Saison wahrscheinlich bereits beendet. Und Neuville, in den ersten Wochen noch sehr erfolgreich, einmal sogar mit der Hand, er trifft schon seit mehr als 1100 Minuten das Tor nicht mehr.
Und was sagt Advocaat dazu?
»Wenn man eine Mannschaft total umbaut, dann passiert halt das, was hier gerade passsiert.«
Aha, alles klar, Trainer.
So viel zur aktuellen Situation. Der Rückblick in die Gladbacher Bundesliga-Vergangenheit war noch weitaus bissiger, schärfer und härter: »Ich kann auch nicht in drei Monaten ändern, was hier in sechs Jahren schief gelaufen ist.« Das dürfte dem Vorstand gar nicht gefallen haben. Auch Sportdirektor Hochstätter fühlte sich hier in unangenehmer Weise angesprochen.
Ziemlich viel »Dickes« vom kleinen, rundlichen Dick. Er scheint immer noch nicht so richtig kapiert zu haben, dass auch für ihn, den Mann auf der Bank, die Luft langsam aber sicher immer dicker geworden ist. Das beweist schon der Treueschwur, den Präsident Rolf Königs kürzlich veröffentlichen ließ: »Wir stehen uneingeschränkt hinter Advocaat.«
Vorsicht, Alarmstufe eins.
Noch eine Niederlage am Sonntag gegen Bochum, dann steht der General in der Schusslinie. Ganz allein und uneingeschränkt.

Artikel vom 02.04.2005