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Ärzte stoppen
Mahnverfahren

Praxisgebühr wird nicht eingetrieben

Von Ernst-Wilhelm Pape
Bielefeld/Münster (WB). 11 200 säumige Patienten, die in Westfalen-Lippe ihre zehn Euro Praxisgebühr trotz schriftlicher Mahnung nicht bezahlt haben, kommen bis auf weiteres ungeschoren davon.

»Wir werden nicht vor das Sozialgericht ziehen, um die Außenstände einzutreiben«, kündigte am Donnerstag der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Westfalen-Lippe, Dr. Ulrich Thamer, an. »Zu so einem Unsinn lassen wir uns nicht verpflichten.«
Die erfolglosen Mahnungen blieben jetzt liegen. Schließlich koste die Anrufung des Sozialgerichtes pro Fall 150 Euro. Die KV werde hierfür keine Mitgliedsbeiträge der Ärzte vergeuden. Es müsse endlich eine wirtschaftliche Lösung zum Eintreiben der Praxisgebühr gefunden werden. Wenn hier nicht nachgebessert werde, sei die Praxisgebühr gestorben, sagte Thamer. Das Eintreiben der Praxisgebühr sei Ballast, mit dem man sich nicht mehr beschäftigen werde. Es gebe bereits Signale aus dem Gesundheitsministerium, die Fälle der säumigen Zahler auf die Amtsgerichte zu verlagern. Dann habe der Patient die vollen Kosten zu tragen. Mit dem Eintreiben der Außenstände müssten die Krankenkassen betraut werden.
Insgesamt sind in Westfalen-Lippe bisher 17 500 Mahnungen verschickt worden. Dies habe 60 000 Euro gekostet. Bei der KV Nordrhein gibt es 23 574 unbezahlte Mahnungen. Die Verwaltungskosten werden mit 500 000 Euro angegeben. Mögliche Gerichtskosten werden mit 3,5 Millionen Euro angegeben.
Das Sozialgericht Düsseldorf hatte am Dienstag einen säumigen Patienten zur Zahlung der Praxisgebühr verurteilt. Die zusätzlichen Verwaltungs-, Gerichts- und Portokosten müsse der Patient aber nicht bezahlen.
Dem Beispiel der KV Westfalen-Lippe wollen die meisten der bundesweit 17 Kassenärztlichen Vereinigungen folgen. Die KVen Nordrhein, Niedersachsen, Berlin und Schleswig-Holstein haben bereits angekündigt, auf Gerichtsverfahren zu verzichten. Die KV Schleswig-Holstein kündigte ferner an, nicht vor dem Urteil des Sozialgerichtes einzuknicken. Es werde auch weiterhin ein Säumniszuschlag von vier Euro erhoben, wenn Patienten ihr zehn Euro Gebühr nicht gleich bezahlten, sagte KV-Sprecher Robert Quentin dieser Zeitung. Den Krankenhäusern werde die Praxisgebühr sofort vom Honorar abgezogen.
Nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) wird die Zahl der säumigen Zahler auf 400 000 geschätzt. Die Zahl könne auch höher liegen, sagte ein KBV-Sprecher. Ärzten und KVen seien durch Verwaltungs- und Mahnverfahren bereits ein Schaden von 10,1 Millionen Euro entstanden.

Artikel vom 25.03.2005